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während schon die Pfeile herüber und hinüber flogen, und die
Männer niederstreckten; da plötzlich stürzten sich die geraubten
Sabinerinnen mitten zwischen die streitenden Gatten und Väter,
fleheten zu diesen, sie nicht zu Wittwen, zu jenen, sie nicht zu
Waisen zu machen. Dieser Anblick rührte die Heere und ihre
Führer. Es erfolgte eine tiefe Stille. Gerührt traten die bei-
derseitigen Führer in die Mitte und schlossen Friede und, Freund--
schaft. Fortan sollten die Sabiner des Titus Tatius, Quinten
genannt, mit den Römern zu einer Bürgerschaft vereinigt sein,
hundert Sabiner Mitglieder des von Romulus gestifteten Senats
werden, und beide Könige gemeinschaftlich regieren. Aber nur
. fünf Jahre dauerte die gemeinschaftliche Negierung. Als Titus
Tatius bei einem Opferfeste in Lavinium erschlagen worden war,
blieb Romulus allein König, und es war beschlossen, es solle
fortan nur ein König sein, und dieser in wechselnder Ordnung
von dem einen Volke aus dem andern gewählt werden. Beide
Stämme führten seit ihrer Vereinigung den Namen: „Das
Volk der Römer und der Quirlten."-)
Zu diesen beiden gleichberechtigten Volksstämmen gesellte
sich frühzeitig ein dritter, die Luceres, wahrscheinlich Etrus-
ker,^) die aber den beiden ersten an Rechten nicht gleichstanden
2) Populus Romanus (et) Quirites, woraus später populus Rom.
Quhitium entstand. Nach der völligen Verschmelzung der beiden Volks-
stämme in einander blieb Romani im Allgemeinen der historische und
politische Name der Römer nach außen, gegen andere Völker; Quirites
der politische nach innen, in Beziehung auf den eigenen Staat und die
Mitbürger als ein Ganzes, und somit die übliche Anrede an die Bürger
als solche. — Wovon übrigens die mit den Römern vereinigten Sabiner
den Namen „Quinten" führten, ist ungewiß. Einige meinen, von ihrer
Hauptstadt Cures, andere von dem Orte Quirium, der auf einem Hügel lag,
der selbst hiernach der quirinalische genannt wurde; andere endlich von der
Sabinerlanze quiris, so daß Quirites ursprünglich Waffengenossen bedeutete.
3) Hiernach leiten Cicero und Andere folgerichtig den Namen Lu-
ceres ab von Lucumo, als einem Anführer derselben und Bundesgenossen
des Romulus; und diese Ableitung wird um so glaublicher, als Lu-
cumo von den Römern in den Vornamen Lucius umgeändert ist, und
Lucumvnen überhaupt an der Spitze etruskischer Volksabtheilungen stan-
den. Livius dagegen sagt: Lucerum nominis et originis causa incerta
est. — Unter den Neuern hält Niebuhr sie für die von dem dritten Kö-
nige Roms, Tullus Hostilius, nach Rom verpflanzten Albaner.
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Extrahierte Personennamen: Titus_Tatius Romulus Titus
Tatius Populus_Romanus Livius Tullus_Hostilius
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und lange Zeit hindurch weder Sitz noch Stimme im Senate
hatten. Aus der Verbindung dieser drei Stämme bildete sich
der römische Staat.
In der Sage erscheint Romulus nicht bloß als der Stifter
Roms, sondern auch als der Gründer der ältesten Verfassung
desselben. Jedoch manche Einrichtungen, die er selbst getroffen
haben soll, waren erst das Ergcbniß allmäliger Entwicklung und
Fortbildung; andere waren schon vorhandene, altitalische, die in
den neuen Staat eingeführt wurden. In der ältesten Zeit be-
stand die Bevölkerung Roms aus zwei Ständen: aus freien
Bürgern, welche den neuen Staat mit gestiftet hatten und welche
als solche alleinige Grundbesitzer und Inhaber aller Ehrenrechte
waren; und aus Clienten ^) oder Hörigen. Letztere waren erb-
unterthänige Leute der Altbürger Roms, und standen unter dem
besonderen fast väterlichen Schutze ihrer Gutsherren, die deshalb
auch Patrone genannt wurden. Die meisten Clienten bekamen
von ihren Patronen Ländereien zur Nutznießung und übernah-
men dafür verschiedene Verpflichtungen. Unter andern mußte
der Client mit beitragen zum Brautschatze, wenn die Tochter
des Patron heirathete, zum Lösegelde, wenn der Patron in Ge-
fangenschaft gerathen war. Der Patron dagegen mußte seinem
Clienten in allen Angelegenheiten mit Rath und That zur Seite
stehen, ihn vor Gericht vertreten, kurz er mußte für ihn sorgen,
wie ein Vater für seine Kinder. Es war natürlich ehrenvoll,
viele Clienten zu haben; lag doch schon hierin das Zutrauen
ausgesprochen, das man zu der Einsicht und Redlichkeit des Pa-
trons hatte. Neben den Clienten bildeten M) mit der Zeit, theils
durch Niederlassung einzelner Ankömmlinge aus der Umgegend,
theils durch die Verpflanzung ganzer Bürgerschaften eroberter
Städte nach Rom, Hierselbst ein dritter Stand, die freie Ge-
meinde der Plebejer, die an Masse die Altbürger weit überwog.
Dagegen blieben diese im ausschließlichen Besitze aller Rechte und
Privilegien. Nur sie hatten Theil an der Negierung, nur sie
hatten den Nießbrauch der Staatsländereien (agri publici); nur
4) Der Name Client ist von xliw, duo, abzuleiten und bedeutet
Hörige; patronus von pater. „Patronus ab antiquis cur dictus sit, ma-
nifestum ; quia ut patres filiorum, sic hi numeravi inter dominos clien-
tum consueverunt.“ Fest.
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49
Hoheitsrecht und die herrschende Gewalt des Volkes hervor.
In diesen wurde über die wichtigsten Angelegenheiten des Staa-
tes entschieden: über Krieg und Frieden, über Annahme neuer
Gesetze, über die Wahl und die Bestätigung obrigkeitlicher Per-
sonen, selbst des Königs. Allen entscheidenden Versammlungen
gingen Auspicien voran, die durch drei Auguren, als Repräsen-
tanten der drei Tribus, beobachtet wurden; den Wahlversamm-
lungen auch Opfer. Au der Spitze des Ganzen stand der Kö-
nig, welcher in seiner Person drei Würden vereinigte: er war
oberster bürgerlicher Beamter, oberster Priester und oberster Heer-
führer. Die Wahl ging vom Senate aus, die Bestätigung von
den Curien. Hatte nun der angenommene König auch die Be-
stätigung der Götter durch günstige Augurien erhalten, so ertheil-
ten ihm die Curien in einem nochmaligen Beschluß die volle
Gewalt. D Ihn umgab eine Leibwache von dreihundert Rittern,
Celeres, deren Anführer tribunus Celerum hieß. So oft er
öffentlich erschien, schritten zwölf Lictoren in stattlicher Reihe
vor ihm her und trugen ihm die Fasces, Bündel mit Beilen
und Stäben, vor. Auch war ihm ein Senat beigeordnet, um
mit demselben das Beste der ganzen Gemeinde zu berathen.
Dieser bestand anfangs aus hundert Mitgliedern; nach der Ver-
einigung der Römer und Sabiner aus zweihundert, und seit
Tarquinius Priscus aus dreihundert. Die Mitglieder des Se-
nats wurden vorzugsweise Patres genannt und ihre Nachkom-
men Patricii. D Der Senat wurde von dem Könige zur Bera-
thung versammelt; er selbst führte in demselben den Vorsitz.
Es tritt demnach in der römischen Staatsverfassung eine drei-
fache Gewalt Pervor: eine berathen de, eine beschließende
und eine ans führen de; und die Macht des Königs selbst
war eine beschränkte.
Als Stifter und Begründer aller dieser Einrichtungen wird
Romulus angegeben. Er regierte mit Kraft und Ansehen und
6) Daher die lex curiata de imperio.
7) Patres ab honore, patriciique progenies eoruin appellati. Liv. —
Nach der Ansicht neuerer Geschichtsforscher soll der Name Patres auch
römische Patres familias der alten Zeit bedeuten, und somit wären
Patres sämmtliche selbstständige Bürger, Patricii diejenigen, welche durch
Verwandtschaft zu ihnen gehören.
Wetter, Geschichte der Römer.
4
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50
verbreitete Schrecken um seinen Thron. Glorreich wie sein Le-
den war auch sein Tod. An- einem Tage, wo er Heerschau
hielt über das Volk, verfinsterte sich plötzlich die Sonne, ein
Sturm erhob sich mit Donner und Blitz, und eine schwarze
Wetterwolke umhüllte den König, der von da an auf Erdeu
nicht mehr gesehen wurde. Das Volk, wurde unruhig und for-
derte Rechenschaft von den Senatoren. Da versicherten diese:
der Kriegesgott selbst habe den vollendeten Sohn auf feurigem
Wagen gen Himmel geführt. Ja, der Senator Proculus Julius
verkündigte einige Tage später in öffentlicher Volksversammlung:
Romulus Geist sei ihm in glorreicher Gestalt vom Himmel er-
schienen, habe Roms Bürgern Glück und Segen verheißen und
verlangt, daß sie ihn, jetzt zum Gotte erhoben, auch göttlich,
unter dem Namen Quirinus, verehren sollten. Seitdem ver-
ehrte ihn das Volk wirklich als seinen Gott Quirinus und ver-
gaß, daß er vielleicht von den herrschsüchtigen Senatoren er-
mordet sei.
Nach dem Tode des Nomulus blieb der Thron ein ganzes
Jahr hindurch unbesetzt, und der Senat selbst übernahm die Re-
gierung.^) Von den zehn ersten Senatoren — und das waren
die Vorsteher der zehn Decurien der Ramnes — regierte Jeder,
in wechselnder Ordnung, fünf Tage lang und hatte als Jnter-
rer die königliche Gewalt und ihre Insignien. Hätte das Volk
dazu geschwiegen, so würde wohl gar kein König wieder erwählt
sein. Allein es klagte laut über die neue Vielherrschaft und
drang mit Gewalt auf die Abstellung derselben. Zugleich regte
sich die Stammeifersucht der Römer und Sabiner. Der ganze
Streit wurde endlich mit dem Vergleiche geschlichtet, daß die
Römer aus dem Stamme der Sabiner wählen sollten. Ihre
Wahl fiel auf den durch Frömmigkeit und Weisheit hochberühm-
ten Sabiner Numa Pompilius.
tz. 12. Auma Pompilius. 715—672.
Dieser hatte zwar nicht den kriegerischen Sinn des Romu-
lus, aber alle Eigenschaften eines großen Gesetzgebers und eines
gerechten und weisen Regenten. Durch seine religiösen Einrich-
8) Eine solche Zwischenregierung wurde Interregnum genannt.
t
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Extrahierte Personennamen: Julius Romulus Numa_Pompilius Pompilius
58
seine Anhänger zu belohnen, ernannte er aus dein Stande der
Luceres hundert neue Senatoren. Diese standen jedoch an Rang
den altern nach und hießen deshalb auch Väter zweiter Klasse
Auch war er gesonnen, die sämmtlichen Neubürger mit den Alt-
bürgern in den Hauptrechten gleichzustellen und zu dem Zwecke
aus jenen drei neue Tribus mit neuen Namen zu bilden. Da-
gegen aber trat der Augur Attus Navius als Organ der Alt-
bürger auf, welche diesen Neuerungen natürlich feind waren.
Als der König sein Vorhaben nicht durchsetzen konnte, so nahm
er wenigstens von den Neubürgern die edelsten Geschlechter in
die drei alten Tribus als Raumes, Titics und Luceres seeundi
oder zweiten Ranges auf* 2}. Eben so verdoppelte er die Zahl
der Ritter, so daß sie jetzt sechs Centurien bildeten.
Ein besonderes Verdienst erwarb sich Tarquinius durch die
Befestigung und Verschönerung Roms. Statt des alten Erd-
wallcs ließ er eine steinerne Mauer um die Stadt aufführen.
Den freien Platz zwischen dem palatinischen und kapitolinischen
Hügel, das Forum oder den Markt, wo die Versammlungen
gehalten wurden, schmückte er mit Hallen und Säulengängen.
Er legte den Grund zu dem Circus maximus, einem sehr großen
offenen Gebäude für Kampfspiele aller Art. Auch legte er den
Grund zu dem berühmten Capitol, der mächtigen Tempelburg
des Jupiter auf dem capitolinischen Hügel. Am staunenswerthe-
stcn aber waren die Kloaken, die noch zur Zeit des Kaisers
Augustus allgemeine Bewunderung erregten. Es waren große
unterirdische Kanäle, durch welche aller Unflat aus der Stadt
in die Tiber geleitet wurde. Sie waren so fest ausgemauert,
daß sie in der Folge die größten über ihnen erbauten Thürme
und Paläste trugen. Ein Wagen voll Heu konnte bequem unter
ihnen hinfahren. Solche Kloaken waren in Rom um so nöthi-
ger, weil die Stadt auf mehren Hügeln lag und bei eingefalle-
nen Regen die Wege schlüpfrig und unsicher werden mußten,
besonders in den Vertiefungen zwischen den einzelnen Hügeln,
wo aller Unflat zusannnenfloß. Endlich legte er noch künstliche
*) Patres minorum gentium.
2j Ramnes, Tities et Luceres primi wartn dkmnach btc Attburgcr;
Ramnes, Tities et Luceres secundi (minorum gentium) die Neuburger.
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74
des Krieges und Friedens, in den innern und auswärtigen
Staatsgeschäften. Ihre Macht war demnach eine fast königliche,
mit dem Unterschiede, daß die Dauer derselben nur ein Jahr
war, und sie von zwei Personen ausgeübt wurde t. Jedoch
allmälig wurde dieselbe geschmälert und zwar zunächst durch die
Provocation oder das Recht, von den Urtheilsprüchen der
Consuln an das Volk zu appellireu; später durch die Jnter-
cession der Volkstribunen, so wie durch die Trennung der
Censur und Prätur von der Consulwürde. Nur in besonders
gefahrvollen Lagen des Staates wurde den Consuln unumschränkte
Gewalt ertheilt"). Bei Niederlegung ihres Amtes leisteten sie
den feierlichen Eid, Nichts gegen die Republik, sondern Alles für
dieselbe gethan zu haben. Wegen ungerechter Verwaltung konn-
ten sie auch in Anklagestand gesetzt werden. Die abgegangenen
Consuln hatten, zumal als Senatoren, noch immer einen aus-
gezeichneten Rang und führten den Titel Con/ularen. ^
Zu den ersten Consuln wurden L. Junius Brutus und
Tarquinius Collatinus erwählt, die beiden Retter der
Volksfreiheit. Sie ergänzten den unter Tarquinius fast veröde-
ten Senat wieder auf die gesetzmäßige Zahl von dreihundert
durch Aufnahme neuer Mitglieder aus den plebejischen Rittern.
Die neu aufgenommenen Senatoren wurden von den patricischen,
welche nach wie vor llatre« hießen, durch das Beiwort Oonseripli
unterschieden; und llatre« (et) oonseripti war seitdem der Titel
der Senatoren in der Anrede bei feierlichen Versammlungen.
Um diese Zeit, im Jahre 509, wurde auch der erste Handels-
vertrag mit Karthago geschlossen, ein Beweis, daß die Römer
als Seefahrer bereits früher jener mächtigen Republik bekannt
geworden waren und wahrscheinlich auch mit den griechischen
Kolonien in Italien und Sicilien im lebhaften Verkehr standen,
wenn auch ihre Schiffahrt sich zunächst nur auf die Küsterr be-
schränken mogte.
-) Libertatis autem originem inde magis, quia annuum imperium
consulare factum est, quam quod deminutum quidquam sit ex regia
potestate, numeres. Liv. Ii. 1. — Nach Florus (I. 9.) waren zwei
Consuln da: ne potestas solitudine corrumperetur; und nur auf ein
Jahr: ne potestas mora corrumperetur.
3) Der Senatsbeschluß lautete alsdann: Videant consules, ne quid
detrimenti capiat respublica.
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62
Pflichten. Zu dem Zwecke theilte er die ganze Bürgerschaft,
die Patricier sowohl als Plebejer nach abgehaltener Schätzung
(eensus) in fünf Vermögensklassen. Die erste Abtheilung, aus-
schließlich auch die Klasse genannt, forderte als geringsten Be-
sitz 100,000 Asse, oder 2,300 Reichsthaler, die zweite 75,000,
die dritte 50,000, die vierte 25,000, und die fünfte 12,500
Asse. Alle Bürger, welche in diese fünf Klassen eingeschrieben
waren, führten als solche den Namen Seßhafte (assidui) und>
Grundbesitzer Oocupletes). Diejenigen aber, deren Vermö-
gen den geringsten Satz von 12,500 Assen nicht erreichte, hießen
Proletarier, wenn sie 375 bis 1500 Asse besaßen, so daß
sie noch wohl ein Familienleben gründen und dem Staate we-
nigstens Kinder geben konnten^); oder nach Köpfen Geschätzte^)
(capite censi), wenn ihr Vermögen keine 375 Asse betrug. Aus
jeder Klasse bildete er wieder eine Anzahl Centurien und zwar
so, daß die erste Klasse, obschon sie gewiß die geringste Kopfan-
zahl enthielt, die meisten Centurien zählte, und in dem Ver-
hältnisse weiter; je tiefer die Klasse, um so größer die Zahl der
Köpfe in den Centurien. Nach dieser Eintheilung ward das
Maaß der Besteuerung, die Art der Bewaffnung und das Recht
der Abstimmung in den Centurien geordnet. Je höher die Klasse
war, welcher jeder Einzelne mit seinem Vermögen angehörte, um
so mehr mußte er auch beitragen zur allgemeinen Kriegessteuer;
und selbst die Beschaffung der Waffen, der Rüstung und des
Unterhaltes während des Felddienstes, wofür jeder Bürger aus
eigenen Mitteln zu sorgen hatte, war eine nicht unerhebliche
Steuer; denn je höher die Klasse, um so vollständiger und kost-
spieliger war auch die vorgeschriebene Bewaffnung.
Es waren nämlich alle Bürger dieser Klassen zürn Krieges-
dienste verpflichtet und als solche in zwei große Hälften geson-
dert, in die der Jüngeren (Pmior68), welche vom 17. bis
zum 45. Jahre im Felde dienten und so das eigentliche Heer
bildeten, das in Legionen eingetheilt war; — und in die der
Älteren (86nioi68) vom 46. bis zum 60. Jahre, welche nicht
3) Proletarios nominavit, ut ex iis, quasi proles, ic! est, quasi pro-
genies civitatis exspectari videretur. Cic. de rep. Ii. 22.
4) — quod ii, quo censerentur, nihil praeter se haberent suumque
caput. Fest. p. 219.
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06
Stimmrechts auf dem Marsfelde versammelte Gemeinde ge-
währte vollkommen das Bild eines Heeres; und geordnet nach
Kriegesart in voller Rüstung, jede Schar unter ihrem Haupt-
mann, vergegenwärtigte sie jeden Augenblick den Sinn und die
Bedeutung der durch Servius getroffenen Einrichtung. Auf diese
neue Volksversammlung (oomitia eenturiata) übertrug der Kö-
nig die dreifachen Rechte, welche bisher die Curiatversammlung
(comitia curiata) gehabt hatte: die Wahl der vom Senate
vorgeschlagenen Magistrate, die letzte Entscheidung über Krieg
und Frieden und die Genehmigung oder Verwerfung eines Ge-
setzvorschlages des Senates. Jedoch blieben den Curiatcomitien,
d. h. den Altbürgern oder Patriciern, noch immer bedeutende
Rechte. Sie bestätigten die Gesetze und Wahlen der Centuriat-
comitien durch die Auspicien und verliehen den Magistraten das
Imperium.
Da die Verfassung des Servius zur Grundlage das Ver-
mögen hatte, dieses aber mit der Zeit sich vermehren oder ver-
mindern konnte; so fand alle fünf Jahre eine neue Schätzung
(66n8u8) statt, und diese erhielt durch ein hiermit verbundenes
feierliches Sühnopfer selbst eine religiöse Weihe. Nach diesem
Sühnopfer, welches Lustrum hieß, wurde der Zeitraum von fünf
Jahren selbst Lustrum genannt. An dem festgesetzten Tage
erschienen alle wehrfähigen Bürger auf dem Marsfelde. Hier
mußte Jeder vor dem Könige nach bestem Wissen und Gewissen
sein ganzes Vermögen und seinen ganzen Hausstand angeben:
sein Alter, seine Eltern, sein Weib und seine Kinder nebst dem
Orte, wo er angesessen, sei es auf dem Lande oder in der Stadt,
und Alles mit einem vorgeschriebenen Eide bekräftigen. Nach
diesem Census wurde die Vermögenssteuer, das s. g. Tributum,
bestimmt, von welcher jedoch die Proletarier frei waren D- Bei
der ersten Schätzung fanden sich schon 83,700 waffenfähige
Bürger. Seitdem nun nicht mehr erbliche Abkunft, sondern Ver-
b) Von der Steuer nach dem Census waren auch die Freigelassenen,
sowie Krämer und Gewerbetreibende ausgeschlossen. Diese entrichteten
bloß ein Kopfgeld für das Ärarium oder die Staatskasse, und sie selbst
hießen hiervon Ärarier. Von dem Census ausgeschlossen und unter die
Ärarier versetzt zu werden, gal. später für eine besondere Strafe. Dgl.
Huschte, die Verfassung des Königs Servius Tuüius. Heidelberg 1838.
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TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
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tors auszuführen hatte; und die Consuln legten ihr Amt für die
Zeit der Dietatur nieder. Diese sollte gesetzlich nicht länger als
sechs Monate dauern; einmal, damit nicht diese unumschränkte
Gewalt in eine vollständige Alleinherrschaft ausarte, dann aber
auch wohl aus Rücksicht für die Consuln selbst, die ja ihr Amt
für ein ganzes Jahr erhalten hatten, durch die Ernennung
eines Diktators aber für eine gewisse Zeit gleichsam abgesctzt wur-
den. In der Regel jedoch legte der Diktator noch vor Ablauf
dieser Zeit sein Amt nieder, und zwar immer, wenn das erfüllt
war, weswegen man ihn gewählt hatte. Sofort traten dann
die Consuln wieder ihr Amt an. Bei jeder drohenden Gefahr
des Staates, wenn schleunige Entschließung und Ausführung
nöthig war, wurde ein Diktator erwählt, in der Regel aus den
Consularen; und vierundzwanzig Lictoren mit ihren Fasces ver-
sinnlichten äußerlich seine furchtbare Machtfülle Schrecken ging
durch das Volk, das nun auch seines letzten Schutzmittels, der
Provokation, beraubt war, und es wagte nicht, sich den Anord-
nungen des Diktators zu widersetzen. Zweimal nach einander
zog es aus und bekämpfte siegreich die Feinde, welche Tarqui-
nius gegen Rom in Bewegung gesetzt hatte.
Die Patricier, wenigstens die Mehrzahl derselben, hatten
noch immer einige Schonung gegen die Gemeinde bewiesen, so
lange sie fürchteten, diese mögte den Tarquinius zurückberufen.
Als aber der Tod desselben sie von dieser Furcht befreiet hatte,
da verdoppelten sie ihre Bedrückungen, und die furchtbaren Rechte
der Gläubiger gegen ihre Schuldner kamen zur vollen Ausfüh-
rung. Den Patriciern gegenüber nahm die Gemeinde eine immer
drohendere Stellung an. Appius Claudius war zum Consul
erwählt worden, neben ihm aber der sanfte Servilius, damit bei
der Verwaltung Milde mit Strenge sich paare. Letzterer trug
im Senate darauf an, den Schuldnern Erleichterung zu gewäh-
2) Creato dictatore — magnus plebem metus incessit, ut inten-
tiores essent ad dicto parendum, biv. Ii. 18. — Vvn dem mächtigen
gegen die Plebejer gewählten Dictator muß man den Dictator unter-
scheiden, der zuweilen ernannt wurde, um einen Jahresnagel in die
Cellenwand des Jupitertempels auf dem Capitol einzuschlagen, weil eine
alte Sage ging, daß durch das Einschlagen eines solchen Nagels einst
einer Pest oder einem Aufruhr das Ziel gesetzt worden sei.
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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seines Versprechens; er ließ sich vom Pontifer feierlich zum Tode
weihen, bestieg dann sein Schlachtroß, sprengte in das dichteste
Gewühl des feindlichen Heeres und fand seinen Tod. Seine
hiedurch begeisterten Truppen erneuerten den Angriff und erfoch-
ten den glänzendsten Sieg (339). Die Trümmer des geschla-
genen Herres sammelten sich bei Trifanum, unweit Minturna,
und erlitten hier vom Cónsul Manlius eine zweite große Nie-
derlage. Seitdem lösete sich der latinische Bund auf; jedoch
gingen noch zwei Jahre mit der Belagerung und Unterwerfung
einzelner Städte hin. Antium hielt sich am längsten. Der rö-
mische Senat verhängte ein verschiedenes Schicksal über die Über-
wundenen, je nachdem sie mehr oder weniger strafwürdig schienen.
Während nämlich einige Gemeinden, als Lavinium, Pedum,
Aricia, Nomentum das römische Bürgerrecht und die Vertheilung
in zwei neue Tribus erhielten, wurden andere, wie Formiä,
Capua, Cumä, Suessula, Fundi, in Freistädte (municipia) ohne
Bürgerrecht umgewandelt. Antium dagegen ward eine römische
Kolonie, und verlor seine Kriegesschiffe, deren Schnäbel (rostía)
nachher die Rednerbühne auf dem Forum zu Rom schmückten.
Damit aber in dem dergestalt zerstückelten Latium jede Verbin-
dung und Schilderhebung für die Zukunft unmöglich gemacht
würde, so durften keine Landtage mehr gehalten, keine Ehen
zwischen Bürgern verschiedener Städte abgeschlossen, keine Grund-
stücke in mehren Feldmarken von demselben Besitzer erworben
werden.
Unterdessen waren die beiden großen Kriege, erst gegen
Samnium, dann gegen Latium, nicht ohne Einfluß geblieben auf
die inneren Verhältnisse Roms. Hier wurden die Rechte der
Plebejer noch mehr befestigt durch drei Gesetze des plebejischen
Dictators Q. Publilius Philo im Jahre 339. Durch das erste
Gesetz ward die Nothwendigkeit der Bestätigung der in den Cem-
turiatversammlungen gegebenen Gesetze aufgehoben oder in eine
bloße Förmlichkeit verwandelt 2). Das zweite verordnete, daß
die Plebiscita oder Gemeindebeschlüffe für alle Bürger ver-
bindende Kraft haben sollten D- Das dritte Gesetz endlichbe-
2) „Ut legiim, quae comitiis centuriatis ferrentur, ante initum
suffragium patres auctores fierent.“ Liv. Viii. 12.
3) Ut plebiscita omnes Quintes tenerent. 1. c.
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Extrahierte Personennamen: Publilius_Philo
Extrahierte Ortsnamen: Aricia Capua Suessula Rom Latium Latium Roms