1863 -
Leipzig
: Amelang
- Hrsg.: ,, Fix, Wilhelm
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Georg-Eckert-Institut 6876
■Uhi
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Inhaltsverzeichnis
(Gedichte sind mit einem * bezeichnet.)
Erst e Adtsteilung.
Rr. Seite
1. * Rechter Anfang. ... 1
2. Zwei goldene Wörtlein . 1
3. * Wo wohnt der liebe Gott? 2
4. * Gottes Huld.................3
5. * Gottvertrauen...............3
6. * Der Vater un Himmel. . 3
7. * Gott sorgt! ..... 4
8. * Der gute Hirt. .... 4
9. * Wie oft Gott zu danken sei. 4
10. Die Treue. ..... 5
11. Johannes Falk. ... 5
12. Dein Reich komme! . . 6
13. * Gebete für Kinder. . . 8
14. * Guten Morgen! ... 10
15. * Morgenlied. ..... 10
16. * Abendlied................lo
17. * Am Abend.................11
18. * Gute Nacht...............11
19. * Wiegenlied..............'11
20. * Gottes Tag...............12
21. * Sonntagslied.............12
22. * Die Kirchenglocken. . . 12
23. * Für die sieben Tage. . . 13
24. Du sollst den Feiertag hei-
ligen......................13
25. Arner und fein Sohn. . 14
26. Das Wunderkästchen. . . 16
27. * Die Kinder und die Thiere. 17
28. Benutzung der Zeit. . . 18
29. * Die Aisieise. ..... 19
30. Die drei Söhne eines Bett-
lers........................19
31. Dachs und Eichhörnchen. 24
Nr. Seite
32. Der Tagedieb und der Sie- benschläfer. ..... 24
33. Die Heinzelmännchen. . 25
34. Hans im Glücke. . . . 27
35. Das Mährchen vom Mann im Mond. ..... 31
36. Das Hirtenbüblein. . . 31
37.* Das Hämmerlein. . . 32
38.* Das Glöcklein im Herzen. 33
39. Das böse Gewissen. . . 33
40.* Die Rache 33
41. Irret euch nicht rc. . . 34
42. Das Gewissen 35
43. Die zwei Wanderer. . . 35
44. Der Eichbaum 36
45. Der Gerechte erbarmt sich rc. 37
46. Wissing-Hof 38
47. Bischof Hatto. .... 40
48. Besserung eines Fluchers durch den Blitz. . . . 41
49. Die Rettung 41
50. Der gerettete Handwerks- bursche 42
51. Wenn die Noth am größten, ist Gotteshülfe am nächsten. 43
52. Wunderbare Rettung. 45
53. Was bin ich mehr, als ihr? 46
54. Der Negersohn. . . . 47
55. Der Großvater und rc. 48
56. Bescheid d. Thorschreibers. 48
57. Luther an sein Söhnchen. 49
58. Einiges aus Luthers häus-
lichem Leben...............
50
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Iv
Nr. Seite
59. König Gustav Iii. von
Schweden.....................51
60. Der Sklave...................52
61. Gott läßt uns wohl sinken rc. 53
62. Der Räuber...................54
63. Die sieben Stäbe. ... 54
64. Der Blinde und der Lahme. 55
65. Sperlinge im Hut. . . 55
66. Der kleine Friedensbote.. 56
67. Von der Freundschaft. . 58
68. Eitelkeit der Menschen. . 58
69. Sanftmuth....................58
70. Von der Friedfertigkeit. . 59
71. Dienet einander. ... 60
72. Einvierblättrigeskleeblatt. 61
73. Wer nur den lieben Gott rc. 65
74. Muttersorge.................65
75. Winfried....................66
76. Der Geizige.................67
77. Das dürftige Mahl. . . 68
78. Die Bettlerin...............69
79. Zufriedenheit...............70
80. Das Singen bei der Arbeit. 70
Nr. Seite
81. * Gute Dienerschaft. . . 71
82. Eine nützliche Anwendung
der Rechenkunst. ... 71
83. Kurzweilige Fragen und
Räthsel...................72
84. Sprüchwörter nach dem
Alphabet. ..... 74
85. * Denksprüche..............75
86. Sprüchwörter und Denk-
sprüche nach den zehn Ge-
boten............... . 76
87. Vorsicht ist zu allen Din-
gen gut....................77
88. * Vomgebrauchederglieder. 78
89. * Der Landmann an seinen
, Sohn.....................78
90. * Ein Sprüchlein von der
Bibel.....................79
91. * Scheiden....... 79
92. Vom Kirchhof...............80
93. * Flüchtigkeit des Lebens. . 81
94. * Der Pilger...............81
95. * Christ ein Gärtner. . . 81
Zweite Abtheilung.
96. * Die vier Jahreszeiten. . 82
97. Von den Jahreszeiten. . 82
98. Nocheinigesvonderzeit. 83
99. Der Frühling. ... 85
100. * Grüne Vögelein. ... 86
101. * Morgenlied im Frühling. 86
102. * Sonntag im Frühling. 86
103. Die drei Reiche der Natur. 87
104. Von den Ostereiern. . 88
105. * Das Lied v. Samenkorn. 88
106. Das Samenkorn. . . 89
107. * Wachsthum der Blumen. 89
108. Von den Pflanzen. . . 90
109. Das Schneeglöckchen. . 91
110. Boten göttlicher Fürsorge. 91
111. Die Wiese im Frühling. 92
112* Auf der Wiese. . c . 93
113. Der Löwenzahn oder die Kettenblume 93
114. Der Kellerhals, eine Giftpflanze 94
115. Der spanische Flieder. . 96
116* Von den Blumen. . . 97
117. Die Farben derblumen. 97
118* Mailied 98
119.* Morqenwanderunq im Mai 98
120.* Fürsorge. ..... 98
121. Das Vogelnest. . . . 98
122. Die Hansschwalbe. . . 99
123.* Von der Schwalbe. . 99
124. Der Staar. .... 100
125. • Das Rothkehlchen. . . 100
126.* Lerche, Spatz u. Fink. .. 101
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34
Hat angelegt die Rüstung blank,
Auf des Herren Ross sich geschwungen frank.
Und als er sprengen will über die Brück\
Da stutzet das Ross und bäumt sich zurück.
Und als er die goldenen Sporen ihm gab,
Da schleudert's ihn wild in den Strom hinab.
- Mit Arm, mit Fuss er i udert und ringt, —
Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
41. Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten!
Es sind schon viele Jahre her, da war in einer märkischen
Stadt eine böse Seuche unter dem Vieh, und ivem das Gift
des gefallenen Viehes in eine Wunde kam, der starb in kur-
zer Zeit und ohne Rettung. — Eines Sonnabends, nicht lange
vor Sonnenuntergang, fährt ein Bürger dieser Stadt, eine
trotzige Seele, zum Thore hinaus, um sein Heu auf der
Wiese zu wenden. Weil von fern der Bonner sich hören
lässt, hebt er die Heugabel drohend empor zum Himmel
und spricht dabei gotteslästerliche Worte, die ich nicht wie-
derholen mag. — ,, Was war das fragte er auf einmal
seinen Dienstknecht, der mit ihm fuhr, und wischte aus
dem Gesicht eine böse Fliege, die ihn in eben dem Augen-
blicke gestochen hatte. „Es war wold nichtssagte er be-
klommenen Herzens; denn er merkte es wohl: es war eine
Fliege gewesen, die auf dem gefallenen Vieh gesessen hatte
und deren Stich ein tödtliches Gift gebracht. Und das Ge-
sicht lief ihm auf von dem Stich der Fliege; bewusstlos
kehrte er nach einer Stunde zurück in seine Wohnung, und
am andern Morgen lag er todt, wie Einer, den die Hand
des Herrn geschlagen hat.
Wohl dem, der nicht wandelt im Rathe ^er Gottlosen,
noch tritt ans den Weg der Sünder, noch sitzet, da die Spötter
sitzen, sondern hat Lust zum Gesetz des Herrn und redet von
seinem Gesetze Lag und stacht; der isi wie ein Saum, gepstan-
zct an den Wasserbuchen, der seine Frucht bringet zu seiner
Zeit, und seine Glätter welken nicht, und was er macht, das
gcrälh wohl.
Äber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die
der Wind verstreuet. Darum bleiben die Gottlosen nicht im
Gerichte, noch die Sünder in der Gemeine der Gerechten; denn
der Herr kennet den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen
Weg vergehet. Psalm 1.
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Nr. Seite Nr. Seite
270. Kaiser Heinrich. . . . 252 Wilhelm Iv. ... 272
271. Friedrich Rothbart. . . 253 285. König und Königin. . 273
272. Vorn Kaiser Rudolph. . 254 286.* Unsern König, Gott, er-
273. Deutsche Treue. . . 256 halte. ...... 276
274. Gustav Adolph. . . . 257 287. Die weite Welt. . . 277
275. Von der Stammburg und 288 * Urians Reise. . . . 281»
den Ahnherren unsers 289. Das Meer 282
Königshauses. . . . 259 290. Licht und Wärme auf
276. Der große Kurfürst betet. 261 der Erde. .... 284
277. Friedrich Iii. wird König. 261 291. Die Menschen auf der
278. Friedrich der Große. . 263 Erde 286
279. Geschichten vom alten 292 * O, daß doch bald rc. . 288
Fritz * • 264 293. Vor wem sollt' ich mich
280. Vater und Mutter unsers fürchten? . . . . 288
Königs 265 294.* Gott weiß 291
281. Wie es in der königlichen 295.* Kinderlied vom Mond u.
Familie zuging.. . . 267 den Sternen. . . 291
282. Die Befreiung des Va- 296. Die Nacht. .... 291
terlandes. .... 268 297.* Der Himmel. . . . 292
283. Noch Einiges von Friedr. 298. Der Weltenraum. . . 293
Wilhelm Iii. . . . 271 299. Aus der heiligen Schrift. 293
284. Vom Könige Friedrich 300.* Des Vaters Haus. . . 295
Anhang.
I. Die Rheinprovinz und 311. Koblenz rc 332
ein Blickauf daskönig- 312. Trier und die Mosel. . 335
reich Preußen. .... 296 313. Andernach rc. . . . 336
301. Verwaltung des Staa- 314. Das Siebengebirge. . 338
tes rc . 296 315. Der Dom zu Köln. . 389
302. Größe und Begrenzung 316. Kaiserkrönuug zu Aachen. 342
der Rheinprovinz. . . 301 317. Der Niederrhein. . . 344
303. Der Rhein. .... 302 318. Die rheinische Mission. 348
304. Noch andere Flüsse rc. 304 Iii. Einige Vaterlands-
305. Klima und Erzeugnisse. 308 lie der 352
306. Gewerbsleiß undverkehr. 311 319.* Dem Könige. . . . 352
307. Religion, Bildung rc. . 316 320.* Preußisches Volkslied. . 352
308. Städte und Gebiete rc. 319 321* Der Schmied v.solingen 353
309. Aus der Geschichte. . . 321 322.* Die Opfer zu Wesel. . 353
U. Bilder aus der Hei- 323.* Soldaten-Morgenlied. . 354
Math 329 324 * Reiters Morgengesang. 354
310. Rheinfahrt von Bingen rc 329 325.* Ausder Lutzener Schlacht 354
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37
Oswald mußte den Ring herausgeben und wurde auf ein
Jahr zum Gefängniß verurtheilt. „Da," sagte der Richter, „wirft
du Zeit finden, die große Wahrheit zu bedenken:
Es kommt dereinst der Tag der Schrecken,
Der jede Lüge wird entdecken."
Sirach 20, 26. 28. Die Luge ist ein häßlicher Schandsteck
an einem Menschen, und ist gemein bei ungezogenen Leuten.
Lügen ist dem Menschen ein schändliches Ding, und er Kann
nimmermehr zu Ehren Kommen.
Ephescr 4, 25. Leget die Lügen ab und redet die Wahr-
heit, ein Jeglicher mit seinem Wehsten^ sintemal wir unter ein-
ander Glieder sind.
45. Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes.
1. Auch gegen Thiere soll der Mensch nicht undankbar sein, wie
jener Kaufmann in der alten Stadt Wineta, den sein Schimmel
wegen Undanks verklagte. — Der Schimmel hatte dem Herrn
schon viele Jahre treu gedient und ihm einmal sogar durch seine
Schnelligkeit das Leben gerettet, als er in einem Walde von Räu-
bern überfallen wurde. Der Kaufmann" that deßhalb ein Gelübde,
er wolle den Schimmel niemals verstoßen und ihn aufs beste ver-
pfiegen, so lange er leben werde. Weil aber der Schimmel auf
der Flucht vor den Räubern sich sehr erhitzt hatte, so ward er balo
darauf erst steif und lahm und endlich auch blind, und der Kauf-
mann vergaß seiner Dienste, so wie seines eigenen Gelübdes. Erst
ließ er das Pferd bei kärglichem Futter darben, und weil ihm eine
Metze Hafer tägstch zu viel schien für ein Pferd, das ihm zu nichts
mehr nützte, so befahl er seinem Knechte, den Schimmel wegzu-
jagen. Der nahm einen Stock, weil das Pferd nicht weichen
wollte, und trieb es aus dem Stalle. Da blieb es sieben Stunden
vm Thore stehen mit niedergebeugtem Kopfe und spitzte seine
Ohren, wenn etwas'im Hause sich regte. Die Nacht schlief es da-
selbst auf den harten Steinen, während es kalt war und schneiete.
Endlich trieb der Hunger das Thier, weg zu gehen; aber weil es
blind war, Pieß es überall an. Mit seiner Nase roch es links und
rechts, ob nicht ein Hälmchen Stroh da läge; doch es fand nur
wenig.
2 Es war aber in selbiger Stadt ein Glockenbaus, das stand
Tag und Nacht offen. Man hatte es gebaut, um Unrecht zu ver-
hindern. Denn wenn Jemand meinte, es geschähe ihm Unrecht
von einem Andern, so ging er hin ins Glockenhaus, faßte an den
Glockenstrick und läutete; sogleich kamen die Richter der Stadt
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zusammen und richteten. Zufällig tappte auch der Schimmel in
dies Glockenhaus hinein; und da er Alles mit seinen Lippen be-
rührte und aus Hunger mit den Zähnen Alles benagte, so fand er
auch den Strick, faßte ihn mit den Zähnen und fing an zu läuten.
Sogleich kamen die Richter und sahen den Schimmel als Kläger.
Da sie wohl wußten, wie große Dienste der Schimmel seinem
Herrn geleistet hatte, so ging ihnen die Sache zu Herzen. Sie
ließen den Kaufmann sogleich herbeirufen, der sich nicht wenig
wunderte, als er an der Klageglocke seinen Schimmel sah. Er
wollte sich über seine Hartherzigkeit rechtfertigen; allein die Rich-
ter sprachen mit strengem Ernste: „Der Gerechte erbarmt sich auch
seines Viehes, aber der Gottlosen Herz ist unbarmherzig." Und
sie verurtheilten den Kaufmann, den Schimmel zu pflegen bis an
fein Ende; es ward auch ein Mann gesetzt, der bisweilen nachsah,
ob der Schimmel keine Noth litte. An dem Glockenhause bildete
man aber zum Andenken die ganze Geschichte in Stein ab.
46. Wissing-Hof.
Nicht weit von Bentheim im Hannöver'schen liegt ein fürst-
licher Schasstall auf einer Stelle, welche Wissing-Hof genannt
wird und auch noch ganz wie. ein Bauernhof aussieht. Wirklich
soll es auch in früheren Jahrhunderten ein Bauernhof gewesen sein,
und zwar der größte in der ganzen Umgegend, reich an Saatfel-
dern, Wiesen und Holzungen. Wie er zerstört worden ist, darüber
wird Folgendes erzählt:
Als einst der Wissing dem Grafen von Bentheim seine Pacht
brachte und der Gras oben vom Schlosse herniedersah, wunderte
er sich über das treffliche Aussehen der vier Rappen vor dem Wa-
gen des Bauern, da doch eben bei der Theurung fast überall Hun-
gersnoth herrschte und selbst die Pferde des Grafen darben mußten.
„Deine Pferde," ries der Gras in den Schloßhof hinunter, „scheinen
von der großen Noth nichts zu verspüren!" — „Darum sind es
auch W i ss in g s Pferde!" versetzte der Bauer mit kurzen Worten.
Die 'Runzeln, welche des Grafen Stirn umzogen, zeigten,
wie wenig ihm diese Antwort gefiel. Um den Stolzen zu demü-
thigen, rief er ihn aufs Schloß, führte ihn in sein Prunkgemach
und lud ihn zu Tische, da es eben Essenszeit war. Wissing setzte
sich; die Pracht, welche ihn umgab, würdigte er keines Blickes.
Der Gras meinte, er wäre vor Blödigkeit so stille. Er munterte
ihn auf, umher zu schauen, und fragte ihn dann, waö er zu der
Herrlichkeit des Schlosses sage. Der Bauer antwortete: „Flitter-
staat! Freilich für Jemand, der von Andern leben muß, gut ge-
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nug!" Der Graf verbiß seinen Grimm und sagte: „Ich wäre
wohl neugierig, deine Wirthschaft zu sehen. Wenn dn Stühle
hättest, auf denen man sitzen, und einen Tisch, an dem man deinen
Brei essen könnte, so möchte ich dich wohl einmal mit allen den
Meinigen aufsuchen." — „Seid deßhalb nur ohne Sorge, Herr
Graf! Wenn meine Stühle nicht mehr Werth hätten, als diese,
und mein Tisch nicht kostbarer wäre, so würde meine Breischüssel
nicht darauf passen!" versetzte der Wissing. So sehr die Prah-
lerei dem Grasen mißfiel, so war er doch neugierig, zu erfahren,
was an der Sache wäre, und lud sich auf den dritten Tag mit zehn
Personen zu Gaste. Der Bauer ging.
Als nun am bestimmten Tage der Graf mit seiner Gemahlin,
seinen Söhnen und Töchtern, seinem Kanzler und einigen Andern
auf dem Hofe des Wissing ankam, sah er acht herrliche Pferde,
mehr als fünfzig schöne, bunte Kühe, eine Menge Schafe und un-
zähliges Geflügel von allerlei Art; der Besitzer aber erschien im
einfachen, ledernen Wamms und führte seine hohen Gäste in die
Stube, wo das Mahl für zwanzig Gäste aufgetischt war. Wie
staunten der Graf und die Andern, als sie das weite Gemach be-
traten! Die Fußteppiche waren bunte Kuhhäute; die Wände wa-
ren behängen mit feiner, schneeweißer Leinwand; der Tisch bestand
aus mehr als zweihundert Stücken weißer Leinwand, künstlich zu-
sammengelegt; als Stühle dienten weite leinene Säcke, jerer mit
einem Malter Roggen gefüllt. Der Tisch war bedeckt mit gebra-
tenen Gänsen, Enten, Hühnern und Tauben, in deren Mitte ein
blanker, silberner Brustharnisch mit Brei prangte.
Der Bauer weidete sich iu seinem Uebermuthe am Erstaunen
des Grafen und der übrigen Gäste; und als dieser meinte, daß
das theure Korn doch besser angewandt wäre, wenn es verkauft
und zur Stillung der Noth im Lande verbreitet würde, und daß
es außerdem nicht passend sei, sich aus etwas zu setzen, was zur
Nahrung der Menschen diene, sprach er: „Es ist Alles für mein
Vieh bestimmt!" — Auf die Frage aber, wie er zu dem silbernen
Brustharnisch komme, auf dem das gräfliche Wappen stand, er-
widerte er: „Mir von Ihrem Vorfahr, als Noth aus dem Schlosse
herrschte, um zwanzig Malter Roggen verkauft!"
Jede Antwort des Bauern machte den Grafen zorniger, und
bald kehrte er mit den Seinen heim. Als er wieder auf seine
Burg zurückgekommen war, schloß er sich mit seinem Kanzler ein,
um zu überlegen, wie der Uebermuth des'bauern zu bestrafen sei.
Und der Kanzler scheint dazu Rath gewußt zu haben, Nicht lange
nachher schmachtete der Wissing im Burgverließ des Schlosses;