1888 -
Berlin
: Reimer
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp, Pischon, Friedrich August
- Auflagennummer (WdK): 226
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
165
Vii. Gesundheitslehre.
böser Menschen, oder Täuschungen unserer Sinne sind. Hö-
ret hiervon ein merkwürdiges Beispiel.
In einem Magdeburgischen Dorf« wohnte ein rechtschaf-
fener und verständiger Prediger, welcher seine grösste Freude
an der Erziehung seiner Kinder fand. Er hatte oft die Er-
fahrung gemacht, wie viel Unheil die thörichte Furcht vor
Gespenstern unter den Menschen anrichtet, und liess es sich
daher bei der Erziehung seiner Kinder angelegen sein, sie
vor dieser Furcht zu bewahren. Sie mussten, schon in der
ersten Kindheit, des Abends eine Zeitlang allein im Finstern
bleiben, mussten gewöhnlich ohne Licht zu Bette gehen, und
zuweilen im Finstern aus abgelegenen Gegenden des Hauses,
wo sie genau Bescheid wussten, Etwas holen. Oft erzählte
der Prediger Gespentergeschichten, und zeigte dann immer,
dass Betrug oder Kindische Furcht und Einbildung dabei im
Spiele gewesen wäre. Eines Abends, als er auch dergleichen
Geschichten erzählt hatte, sagte er zu seiner zwölfjährigen
Tochter Marie: würdest da dich wohl scheuen, ohne Licht
auf den obersten Boden zu gehen, und die Garnwinde von
da herunter zu holen? Nein, gewiss nicht, lieber Vater, antwor-
tete Marie. — Nun, wir wollen sehen, jetzt »eh' ein Mal und
hole sie, aber geh’ bedächtig und nimm dir Zeit! Marie ging,
ohne sich zu bedenken, und fand auch bald, was si-e holen sollte.
So hinge war ihr nicht die geringste Furcht angekommen. Aber
indem sie die ersten Stufen der Treppe hinunter gehen wollte,
hörte sie Etwas rasselnd hinter sich herkommen. Jetzt sing sie
an, furchtsam zu werden: doch hatte sie noch Muth genug, sich
umzusehen. Aber freilich erblickte sie in der Finsternis^ Nichts,
und indem sie nun weiter ging, hörte sie das rasselnde Ding wie-
der dicht hinter sich. Sie raffte allen ihren Muth zusammen, und
rief: wer da? bekam aber keine Antwort. Es war ein Glück,
dass sie noch so viel Muth behielt, denn sonst wäre sie gewiss
die Treppe hinabgestürzt, und hätte dann vielleicht Arm und
Bein gebrochen. Indessen als sie nun auf die zweite Treppe
kam, und das rasselnde Ding nicht aufhörte, sie zu verfolgen,
schrie sie voll Angst: Licht! Licht! und kam endlich ganz
ausser Athem, doch mit der Garnwinde in der Hand, in das
Wohnzimmer. Hier sah sie sich wild um, und siehe da, ihr Ver-
folger war auf ein Mal verschwunden. Sie erzählte nun zitternd,
was ihr begegnet war, und kaum hatte man angefangen, die
Sache zu untersuchen, so entdeckte man schon mit Lachen das
rasselnde Gespenst. Es war nichts anders, als eine getrocknete
Bohnenranke mit einigen Schaalen voll klappernder Bohnen,
welche der guten Marie an der Rockkante hängen geblieben
war; denn als sie sich diese wieder anhing, und damit fortging,
war gleich das Rasseln wieder da.
Auch die Zähne gehören zu denjenigen Theilen unseres
Körpers, welche wir mit der größten Sorgfalt gesund erhal-
ten sollen; denn sie sind nicht bloß zum Sprechen, sondern
auch zum Kauen der Speisen nothwendig. Wenn die Speisen
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Vii. Gesundheitslehre.
nicht gehörig gekaut, und dadurch in einen Drei verwandelt
werden, so kann sie der Magen nicht verdauen, und dann
nähren sie auch den Menschen nicht, sondern schaden vielmehr
seiner Gesundheit. Wollt ihr eure Zähne gesund erhalten, so
hütet euch vor allen Dingen, heiße Speisen zu essen und viel
toarme Getränke zu genießen. Gewöhnet euch nicht an den
schädlichen Kaffee und Thee, sondern trinket lieber kaltes Was-
ser, esset gekochte Speisen nicht eher, als bis sie lauwarm
sind, reinigt des Morgens beim Aufstehen, und nach dem
Essen den Mund, die Gurgel und die Zähne mit lauwarmem
Wasser (denn dies ist den Zähnen viel zuträglicher, als kal-
tes, reinigt sie auch besser von allem Schleim, der sich ange-
setzt hat, und von den zurückgebliebenen Speisen), und setzet
nicht eine Ehre darein, Taback zu rauchen, oder die härtesten
Fruchtkerne zu zerbeißen; stochert auch nicht mit Messern,
Gabeln und Nadeln in den Zähnen, sondern bedient euch
dazu eines spitzigen Holzes, oder einer Feder. Wer schlechte
Zähne hat, soll sie nicht durch Arzneien, z. B. durch Zahnpul-
ver, sondern einzig durch Reinlichkeit, frische Luft mrd kaltes
Wasser, zu verbessern suchen. Die schrecklichen Zahn-
schmerzen bringen diejenigen, welche daran leiden müssen,
oft zu dem Entschlüsse, sich die kranken Zähne ausziehen
zu lassen. Es giebt Fälle, in welchen dies rathsam ist, aber
man muß dabei sehr vorsichtig zu Werke gehen, und zuvor
andere Mittel versuchen, ehe man zum Ausziehen schreitet.
Will man den Schmerz stillen, so muß man ja kein Nelkenöl
nehmen, denn dadurch wird der Schmerz nur heftiger, und
endlich unausstehlich. Das unschädlichste Linderungsmittel
ist folgendes: Man nehme ein halbes Loth reine zerstossene
Myrrhe, gieße 6 bis 6 Unzen kochendes Wasser darauf, lasse
den Aufguß klar ab, nehme davon immerfort einen lauwar-
men Schluck in den Mund, und behalte ihn einige Minuten
im Munde. Eben diese Wirkung thun 60 bis 80 Tropfen
Myrrhenessenz, in eine Tasse lauwarmes Wasser getröpfelt.
Da der Speichel zum Kauen und Verdauen der Speisen
sehr nothwendig ist, so muß man Alles vermeiden, wodurch
viel Speichel verloren geht, z. B. Tabackrauchen, Taback-
kauen und das Benetzen des Fadens beim Spinnen mit
Speichel. Es ist eine hässliche und schädliche Gewohnheit
mancher Kinder, beständig und ohne Ursache den Speichel
auszuwerfen.
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Vii. Gesundheitslehre.
167
12. Von der Schönheit und Vollkommenheit des
menschlichen Körpers.
Echön ist der Mensch nur dann, wenn sein von Natur wohl
gestalteter Körper gesund und vollkommen, d. h. ohne Ge-
brechen ist. Gesundheit und Vollkommenheit des Körpers ist
für jedes Geschlecht, für jedes Alter, das einzige Schönheits-
mittel; alle andere Mittel, welche Thorheit, Eitelkeit und
Betrug erfunden haben, sind elender Tünch, der wieder ab-
fällt, und traurige Spuren seines Miffbrauchs hinterlässt.
Und wodurch wird Gesundheit erlangt? Nur durch den freien
Gebrauch und durch die beständige Uebung des Körpers in
den ersten eilf Jahren des Lebens, so lange das Kind noch
Milchzähne hat. Ferner: durch den Genuß der freien, reinen
Luft; durch Waschen und Baden, leichte und freie Kleidung;
durch einfache und nahrhafte Speisen, und Wassertrinken.
Wodurch wirv die Vollkommenheit des Körpers erlangt?
Wenn der Körper, welcher in den ersten eilf Jahren durch
lreie Selbstthätigkeit in allen leichten Bewegungen geübt,
und dadurch geschmeidig gemacht wurde, nach dem eilften
Jahre durch Leibesübungen und körperliche Spiele mit der
gehörigen Vorsicht in allen schweren Bewegungen geübt, und
dadurch stark gemacht wird.
Dabei müssen sich Kinder gewöhnen, ihren Körper ge-
rade, aufrecht, mit hoher Brust, und ausgerichtetem Kopfe
zu tragen und zu halten, wenn sie stehen oder gehen,
oder sitzen. Es ist dagegen sehr schädlich, nachlässig, kruntm
und schief zu gehen, zu stehen, oder zu sitzen; es ist schäd-
!ich, die Bmst einzuziehen, den Kopf auf die Brust hängen
zu lassen, und von der Seite zu sehen.
Doch die Gesundheit und Vollkommenheit des Kör-
pers macht nicht allein die Schönheit des Menschen aus;
denn Vemunft und gute Gesinnungen sind die eigenthüm-
lichsten^ und größten Vorzüge des Menschen. Wenn also
euer Körper noch so gesund und noch so schön ist, und ihr habt
ein zorniges, rachgieriges, oder zänkisches und halsstarriges
Gemüth, seid ungehorsame oder faule, oder leichtsinnige Kin-
der, fo wird euch kein vernünftiger Mensch um eures schö-
nen Körpers willen lieben und achten. Damm bemühet
euch mit gleicher Sorgfalt, die Gesundheit und Schönheit
eurer Seele und eures Körpers zu erhalten.
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196 Xi. Europa.
Nordlicht richtet nie Schaden an, und hat auch nicht- Böset-
zu bedeuten.
X!. Europa.
22>r wissen aus dem Vorigen, daß derjenige Theil un«
ftrer Erde, in welchem wir wohnen, Europa heißt,
und daß die fünf großen Theile der Erde wieder in
kleinere Theile, oder in Länder und Staaten ein-
getheilt sind, welche auf der Landcharte durch die verschie-
denen Farben bezeichnet werden. Die Länder, in welche
Europa getheilt ist, haben folgende Namen:
1) Deutschland, unser Vaterland, welche- mitten in
Europa liegt, (s. S. 202).
2) Die Schweiz oder Helvezien, ein kleines bergi-
ges Land, dessen Einwohner Schweizer genannt werden,
liegt zwischen Frankreich, Deutschland und Italien, nährt
aus seinen Alpen zahlreiche und schöne Viehhcerden, hat
Wein und Obst, wenig Getreide, und ist das höchste Land
in Europa, das Land der Gletscher und Eisfelder, der
reizendsten Thäler, und der fürchterlichsten Abgründe. Drei
ansehnliche Städte in diesem Lande heißen: Zürich, Bern
und Basel.
3) Italien, ein großes und sehr fruchtbares Lf.nd,
welches man daher den Garten von Europa genannt hat.
Es ist reich an Reis, Wein, Oel, Zitronen, Pomeranzen,
Feigen, Apfelsinen und schöner Seide, und hat einen Ueber-
ftuß an Vieh. In Italien findet man unter andern die
starken Büffel, viele Maulthiere und Esel, und den schönen
weißeit Marmor, auö welchem unsere Bildhauer Stachen
und Verzierungen machen. Unter den Städten Italiens
find die inerkwürdigsten Mailand, Venedig, Turin,
Genua, Florenz, Rom und Neapel. Die Apenninen
durchschneiden das Land nach seiner Länge; die Alpen schei-
den es von Deutschland und der Schwerz. Der Montblanc,
die höchste Bergspitze Europa's, erhebt sich hier 14764 Fuß
hoch.
4) Frankreich, von Belgien, Deutschland, der
Schweiz, Italien, dem mittelländischen Meere, Spanien und
dem atlantischen Ocean umgeben, ist ein großes, sruchtba-
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168
Vii. Gesundheitslehre.
13. Von dem Verhalten in Krankheiten.
Binder und Erwachsene leben nicht immer vernünftig, or-
dentlich und mäßig, und daher sind sie nicht immer gesund,
sondern fühlen sich oft krank und schwach. Wie sollen sie
sich dann verhalten?
Wer sich krank fühlt, soll sich vor allen Dingen ruhig
und geduldig verhalten, und die Hülfe eines Arztes suchen.
Das thun leider nur wenige Kranke. Sehr viele wollen in
der Krankheit nicht ruhig sein, sondern arbeiten und ihre
Gcschäffte betreiben, und dadurch machen sie die Krankheit
schlimmer. Andere wollen sich nicht geduldig den Befehlen
urrd Anordnungen des Arztes unterwerfen, sondern ge-
schwind geheilt sein, und nehmen darunr einen Quacksalber
an, der dann freilich die Krankheit oft geschwind genug
vertreibt, aber auf eine solche Art, daß eine noch gefährli-
chere Krankheit hinterher kommt.
Quacksalber nennt man die niedrigen Betrüger, welche
sich rühmen, alle Krankheiten schnell und glücklich zu hei-
len, ja sogar die Beschaffenheit und den Ursprung der
Krankheit aus dem Urin des Kranken sicher beurtheilen
zu können, und die doch nicht die allergeringste Kenntniß
vom menschlichen Körper, von den Heilkräften der Na-
tur, und von den Kräften der Arzneimittel haben, daher
auch nicht von der Obrigkeit zu Aerzten bestellt sind, son-
dern sich eigenmächtig rurd heimlich zu Aerzten auswerfen.
Ueberall finden sich solche Betrüger, und gewöhnlich sind
es Hirten, oder Scharfrichter, oder verdorbene Hand-
werksleute. Zuweilen gelingt es ihnen, durch ihre Arz-
neien einen Kranken wieder gesund zu machen, aber dann
hat alle Mal seine starke Natur das Beste dabei gethan,
und er kann froh sein, daß er so glücklich davon gekom-
men ist. Sehr oft kommen auch ihre Betrügereien an den
Tag, und dann werden sie von der Obrigkeit so hart be-
straft, wie sie es verdienen. Sie verstehen die Kunst,
einfältige Leute auszufragen, und hernach stellen sie sich,
als hätten sie Alles an dem Urin gesehen, was ihnen diese
erst selbst in ihrer Einfalt gesagt haben. Einige richten
ihre Weiber dazu ab, daß sie die Leute, welche den Urin
des Kranken bringen, ausforschen, und ihnen dasjenige
vorher hinterbringen, was sie nachher mit großer Prahle-
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198 Xi. Europa.
Stadt in diesem Lande heißt Amsterdam, die Residenz des
Königs Haag.
9) Großbrittannien, oder England, Schot-
land und Irland, besteht aus zwei großen Inseln. In
England baut man vortreffliche Gerste, und daher ist auch das
englische Bier das beste. Die Viehzucht ist in diesem Lande
sehr hoch getrieben, besonders die Schaf- und Pferdezucht,
daher die englische Wolle, nächst der spanischen, die beste ist,
und die englischen Pferde für die schönsten in Europa ge-
halterì werden. Das englische Leder ist berühmt. Sehr reich
ist England an Steinkohlen, und das beste Zinn ist das eng-
lische — Schotland ist an Eisen und Fischen, besonders an
Häringen und Stockfischen, sehr reich, hat treffliche Schafzucht,
und Ueberfluß an Steinkohlen. Auch Irland hat treffliche
Wolle, Getreide und Fische, besonders Lachse, im Ueberfluß.
Die Königinn von England wohnt in London, einer der
größten Städte in der Welt, in welcher mehr, als eine Million
Menschen wohnen. Wer diese ungeheure Stadt nach il)rer
ganzen Länge durchwandert, hat einen Weg von drei und einer
halben Meile zu machen. Sie enthält über 6000 große und
kleine Straßen, 34 Marktplätze und noch 7k andere Plätze
und beinahe 500 Kirchen und Kapellen. Beständig komme»
ans dem Flusse, an welchem London liegt, auf der Themse,
Schiffe aus allen Theilen der Erde an, und man rechnet, daß
jährlich mehr als 13000 Schiffe aus- und einlaufen. Andre
berühmte Handelsstädte Englands find Manchester und Liver-
pool. Die Hauptstadt Schotlands heißt Edinburg und
die Irlands Dublin.
10) Dänemark, ein kleines, ebenes Land, welches
aus einer etwas größeren Halbinsel (Jütland) und mehrern
Inseln besteht und schönes Rindvieh, Pferde, Schafe,
Schweine, Fische, Austern, Steinkohlen, Bernstein, aber we-
der Salz noch Metalle, und wenig Holz hat. Die Ein-
wohner des Landes werden Dänen genannt. Die Haupt-
stadt auf der Insel Seeland heißt Kopenhagen; hier
wohnt der König von Dänemark.
11) Schweden, eines der größten Länder in Europa,
aber dennoch eins der ärmsten, daher es auch nur wenig
Einwohner hat. Nur an Eisen ist Schweden unermesslich
reich. Es wird daraus vortrefflicher Stahl gemacht, und
mit diesem, so wie mit dem Kupfer, welches auch in groß-
ßer Menge gefunden wird, ein sehr einträglicher Handel
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199
Xi. Europa.
getrieben. Außer dem Bergbau sind die Schweden auch
mit der Fischerei beschäfftigt. Ihr Land ist voll großer fisch-
reicher Seen, und liegt von einer Seite am Meere. Das
Rennthier ist in Schweden zu Hause. Wölfe finden sich
in ganzen Schaaren. Auch Elenthiere finden sich häufig. —
Die Hauptstadt des Landes lind Residenzstadt des Königs
heißt Stockholm.
12) Norwegen, ein großes Land, welches auch dem
Könige von Schweden gehört. Es ist voll hoher und rauher
Berge, deren Gipse! zum Theil beständig mit Schnee bedeckt
find. Diese Berge enthalten den Reichthum des Landes-
denn in ihrem Innern findet sich Silber, Kupfer und Eisen
in Merrge. Akkerbau und Viehzucht können die Einwohner,
welche Normänner genannt werden, fast gar nicht treiben,
denn ihr felsiges Land bringt weder Getreide noch Gras
hervor. Desto mehr beschäfftigen sie sich mit der Jagd uno
Fischerei. In den norwegischen Wäldern befinden sich Elen-
chiere, Bären, Wölfe, Hermeline und Hasen genug, und das
Meer, an welchem Norwegen liegt, versorgt die Normänner
mit Lachsen, Häringen, Stockfischen und Austern so reich-
lich, daß sie einen großen Theil davon verkaufen können.
Die Hauptstadt Norwegens heißt Christiania und die be-
deutendste Handelsstadt Bergen.
13) Russland ist das größte Land in Europa, und
daher von sehr verschiedener Beschaffenheit. Im äußersten
Norden findet man nur Gesträuche, Beeren, Marienglas,
Pelzthiere in großer Menge, Fische und Federvieh. In ei-
nem andern Theile des Landes bringt der Boden doch Gerste
und einige Garrenfrüchte hervor, und die mittäglichen Ge-
genden haben Ackerbau, Obst, und gute Viehzucht, wilde
Pferde und ungeheure Waldungen. Noch weiter gegen Mittag
bringt daö Land Wein, Obst, Lorbeerbäume und Getreide,
worunter auch der Reis ist, in Menge hervor. In diesen
Gegenden sind die Esel und die Kameele die gewöhnlichen
Lastthiere, die Büffelochsen ziehen den Pflug, und die Pferde
werden erlegt und gegeffen. Viele Bewohner dieses ftuchr-
daren Landstrichs wissen nichts von Häusern, sondern woh-
nen beständig in schlechten Hütten oder in Zelten, und
ziehen mit ihren Heerden aus einer Gegend in die andere.
Viele schlagen in Felsenhöhlen oder Erdhütten ihre Woh-
nung auf. Diese Bewohner Russlands heißen Tataren.
Die Hauptstadt Russlands und Residenz des mächtigen rüst
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200
Xi. Europa.
fischen Kaisers heißt Petersburg. Eine andere sehr große
Stadt dieses Landes heißt Moskau. Dem Kaiser von
Russland gehört auch das Königreich Polen mit der Haupt-
stadt Warschau.
14) Die europäische Türkei, die südöstliche Halbinsel
Europa's ist ein sehr fruchtbares und warmes Land, und
daher reich an vortrefflichen Produkten, besonders an Reis,
Wein, Südfri'lchten, Baumwolle, Seide, Taback; an Rind-
vieh, Schafen, Pferden, Eseln und Maulthieren; an Mar-
mor, Alaun, Schwefel, Eisen und Salpeter. Das türkische
Garn ist berühmt. Aus der Seide machen die Türken
prächtige Stoffe und Tapeten. Der Mais, oder das tür-
kische Korn ist auch bei uns bekannt. Aus Ziegenfellen
macht man in der Türkei den schönsten Kerduan und Saf-
fian. Die Hauptstadt des Landes heißt Konstantinopel.
Sie ist die Residenz des türkischen Kaisers, welcher auch Groß-
sultan oder Großherr genannt wird, und die größte Stadt in
Europa, aber nicht die schönste; denn sie hat fast lauter höl-
zerne Häuser, und krumme, schmutzige Straßen, liegt aber in
einer reizenden Gegend an der Meerenge des Bosporus zwi-
schen Europa und Asien.
15) Ungern ist zum Theil ein sehr gebirgiges und wal-
diges Land, zum Theil aber auch äußerst fruchtbar, und be-
sonders sehr reich an Gold und Wein, in einigen Gegenden
auch an Getreide, Mais, Reis, Safran, Honig, Mandeln,
Obst, schönem Rindvieh und schönen Pferden, an Stein- und
Qucllsalz, und fast allen Mineralien. In dem Sande eini-
ger Flüsse werden Goldkörner gefunden. Auch hier bedient
man sich des Büffels beim Akkerbau. An Fischen hat das
Land Ueberfiuß. Es werden besonders Hausen und Karpfen
in großer Menge gefischt. Die vornehmsten Städte Ungerns
heißen Pressburg und Ofen. Mitten durch das Land
strömt die Donau. Der Kaiser von Oestreich ist auch König
von Ungern.
16) Gallizien auch dem Kaiser von Oestreich gehö-
rig, ist ein salzreiches Land. Es giebt hier ein Salzbergwerk
(Weliczka) in welchem man ungeheure Höhlen findet, deren
Wände und Gewölbe aus lauter Steinsalz bestehen. In
den Bergen Galliziens wird Alabaster und Marmor gefunden.
Wachs und Honig wird in Menge gewonnen. Auch an Ge-
treide und Obst fehlt es nicht. Die Hauptstadt des Landes
heißt Lemberg.
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