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1. Die deutsche Kultur - S. 94

1907 - Leipzig : Brandstetter
Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts blieben die Landstraßen trotz ihrer Wichtigkeit für Handel und Verkehr in einem äußerst traurigen Zustand. Zumal diejenigen, die durch vieler Herren Länder führten, waren von höchst mangelhafter Beschaffenheit. Dazu schuf man für den Verkehr noch künstliche Hindernisse durch Erheben eines hohen Wagen- und Lastengeldes. Als die Raubritter überhand nahmen, zerstörten viele Städte die zu ihnen führenden Straßen, um dadurch das Gesindel von ihren Toren fernzuhalten. ;23om Zustande der Straßen und den Unannehmlichkeiten d-es Reifens können wir uns einen Begriff machen, wenn wir die Reiseberichte aus damaliger Zeit lesen. So wird z. B. erzählt: Ein Bürger aus einer süddeutschen Stadt, der im Jahre 1721 nach einem neun Stunden entfernten Ort reisen wollte, ging in Gesellschaft seiner Frau und ihrer Magd am Montagmorgen, nachdem er am Tage zuvor „für glückliche Erledigung vorhabender Reise" eine Messe hatte lesen lassen, aus seiner Vaterstadt ab. Er bediente sich eines zweispännigen, mit Seinen überspannten Wägelchens. Noch bevor er eine Wegstunde zurück-gelegt hatte, blieb das Fuhrwerk im K:ot stecken, so daß die ganze Gesellschaft aussteigen und „bis übers Knie im Dreck pantschend" den Wagen vorwärts schieben mußte. Mitten in dem folgenden Dorfe fuhr der Knecht „mit dem linken Vorderrad unversehens in ein Mistloch, daß das Wägelchen überkippte und die Frau Eheliebste sich Nase und Backen jämmerlich zerschund". Später mußte man drei Pferde Vorspann nehmen, und dennoch brauchte man volle sechs Stunden, um das nächste Dorf zu erreichen, wo übernachtet wurde. Am andern Morgen brachen die Reisenden in aller Frühe auf und gelangten am Mittag glücklich zum nächsten Dorf. Hier aber hatte die Reise einstweilen ein Ende; denn hundert Schritt vom Dorfe fiel der Wagen in eine Pfütze, daß alle „garstig beschmutzt wurden, die Magd die rechte Achsel auseinander brach und der Knecht sich die Hand verstauchte". Zugleich zeigte sich, daß eine Achse gebrochen und das eine Pferd am linken Vorderfuße vollständig gelähmt war. Man mußte also zum zweitenmal unterwegs übernachten, Pferd und Wagen, Knecht und Magd zurücklassen und einen Leiterwagen mieten, auf dem die Reisenden enblich „ganz erbärmlich zusammengeschüttelt" am Mittwochnachmittag am Ziele anlangten, das nur neun gewöhnliche Poststun den entfernt war. (£rst im 18. Jahrhundert würde dem Straßenbau mehr Sorgfalt zugewenbet. In Preußen trat eine Besserung namentlich unter Friedrich dem Großen ein, der den Bau eines ausgebehnten (Straßennetzes in Angriff nehmen ließ. In Sachsen sorgte befonbers August der Starke für gute Straßen. Wesentliche Verkehrserleichterung brachte aber erst die Herstellung von Kunststraßen zu Beginn des 19. Jahr-94
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