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1. Das Altertum - S. 114

1885 - Heilbronn : Henninger
114 I. Periode. erkennbaren willkürlichen und absichtlichen Erfindungen, durch welche gewisse Einrichtungen des öffentlichen Lebens als da und da zum erstenmal entstanden hingestellt werden sollten. So ist ja beispielsweise von selbst klar, dafs Numa nicht erst die Priesterämter geschaffen haben kann; denn sicherlich gab es auch vor ihm eine Religion, also auch vor ihm Priester. Ebenso ist die Erlaubnis für den vom König zum Tode Verurteilten, an das Volk zu appellieren oder zu ,,provocieren“, kaum erst unter dem dritten Könige erteilt worden, sondern existierte in der S. 117 angegebenen Art vielleicht von Anfang an. Aber das läfst sich doch nicht leugnen, dafs, je weiter man in der Königsgeschichte zeitlich herabsteigt, desto mehr geschichtliche Bestandteile in der Sage auftreten. Namentlich scheint nicht in Abrede gezogen werden zu können, dafs der Sage von den letzten drei Königen die Thatsache zu Grunde liegt, dafs ein aus Etrurien oder einer hellenischen Kolonie zuge-zogenes Geschlecht in Rom die königliche Würde gewann und das seitherige reine Wahlkönigtum in eine Art von „dynastischem“ oder erblichem Königtum verwandelte; dafs diese Herrscher den Gegensatz zwischen Alt- oder Vollbürgern (Patriciern) und Neu- oder Halbbürgern (Plebejern) zu mildern suchten und vielleicht deshalb von den Altbürgern, unter geschickter Benutzung eines alle aufregenden Anlasses, wie der Unthat gegen Lukretia, gestürzt worden sind. Diese „tarquinische Dynastie“ hat unleugbar hellenisierende Tendenzen verfolgt (man vgl. die Tempelbauten nach griechischem Muster; die Einführung der apollinischen Orakelbücher, der „sibyllinischen Bücher“ durch Tarquinius Ii.; die an die solonische Timokratie doch wesentlich erinnernde servianische Verfassung) und damit den Kulturstand Roms gehoben; auch die Unterwerfung Latiums, die Zurückdrängung der Etrusker und Sabiner kann deshalb nicht wohl als reine Erfindung angesehen werden, weil die Annalisten der republikanischen Zeit, denen wir vornehmlich unsere Kenntnis der Königsepoche verdanken, nicht geneigt waren, eine Periode der Nationalgeschichte auszuschmücken, der sie in ihrer republikanischen Gesinnung doch kühl gegenüberstanden. Den urkundlichen Beweis für die Macht des römischen Staates am Ende der Monarchie findet man in dem ersten römisch-karthagischen Vertrag, der ins Jahr 509 gesetzt wird und der Rom als Herrin Latiums erscheinen läfst; doch ist die Zeit des Vertrages starken Zweifeln unterworfen.
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