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1. Der Große Kurfürst - Friedrich der Große - S. 294

1897 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
294 wendischen Kassuben saßen. Wer bort einem Dorfe nahte, der sah graue Hütten nnb zerrissene Strohdächer auf kahler Fläche ohne einen Baum, ohne einen Garten — nur die Sauerkirschenbäume waren altheimisch. Die Häuser waren aus hölzernen Sprossen gebaut, mit Lehm ausgeklebt; durch die Hausthür trat inan in die Stnbe mit großem Herb ohne Schornstein; Stubenöfen waren unbekannt, selten würde ein Licht angezündet, nur der Kienspan erhellte das Dunkel der laugen Winterabende. Das schmutzige und wüste Volk lebte von Brei nnb Roggenmehl, oft nur von Kräutern, die sie als Kohl zur Suppe kochten, von Heringen und Branntwein, dem Frauen wie Männer unterlagen. Brot würde nur von den Reichsten gebacken. Viele hatten in ihrem Leben nie einen solchen Leckerbissen gegessen, in wenig Dörfern staub ein Backofen. Hielten die Leute einmal Bienenstöcke, so verkauften sie den Honig an die Stäbter, außerbeiu geschnitzte Löffel und gestohlene Rinber; basür erftanbeit sie ans den Jahrmärkten den groben blauen Tuchrock, die schwarze Pelzmütze und das hellrote Kopftuch für ihre Frauen. Nicht häufig war ein Webstuhl. Das Spinnrab kannte man gar nicht. Die Preußen hörten bort kein Volkslieb, feinen Tanz, keine Musik, Freubeu, benen auch der elenbeste Pole nicht entsagte; stumm und schwerfällig trank das Volk den schlechten Branntwein, prügelte sich und taumelte in die Winkel. Auch der Bauernabel unterschieb sich kaum von den Bauern, er führte seinen Hakenpflug selbst und klapperte in Holzpantoffeln auf dem uitgebieltett Fußb oben seiner Hütte. Schwer wurde es auch bent Preußenkönig, biefcm Volke zu nützen. Nur die Kartoffeln verbreiteten sich schnell, aber noch lange würden die befohlenen Obstpflanzungen von dem Volke zerstört, und alle cmbern Kultur* versuche sau den Wiberstaitb. Ebenso bürstig und verfallen waren die Grenzstriche mit polnischer Be-völfernng, aber der polnische Bauer bewahrte in seiner Armseligfeit und Un-orbnung wenigstens die größere Regsamkeit seines Stammes. Selbst auf den Gütern der größeren Ebelleute, der Starosten und der Krone waren alle Wirt-schastsgebäube verfallen und unbrauchbar. Wer einen Brief beförbern wollte, mußte einen besonbereit Boten schicken, beim es gab keine Post im Laube; freilich fühlte man in beit Dörfern auch nicht das Bebitrfnis banach, benn ein großer Teil der Ebelleute konnte so wenig lesen und schreiben wie die Bauern. Wer erkrankte, fanb keine Hilfe als die Geheimmittel einer alten Dorffrau, benn es gab im ganzen Laube keine Apotheken. Wer einen Rock beburfte, that wohl, selbst die Nabel in die Hand zu nehmen; benn auf viele Meilen weit war fein Schneiber zu finbeit, wenn er nicht abenteuernb durch das Laub zog. Wer ein Haus bauen wollte, der mochte zusehen, wo er von Westen her Hand Werfer gewann. Noch lebte das Lanbvolk in ohnmächtigem Kampf mit den Herben der Wölfe, wenig Dörfer, in welchen nicht in jebem Winter Menschen und Tiere becimiert würden. Brachen die Pocken aus, kam eilte aitstecfeitbe Kranfheit ins Laub, baun sahen die Leute die weiße Gestalt der Pest durch die Luft fliegen und sich auf ihren Hütten niederlassen; sie wußten, was solche Erschei-
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