1889 -
Berlin
: Nicolai
- Autor: Zurbonsen, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Brandenburg-Preussen
Ferner: Kann man, einen Müller, der kein Wasser hat, und also
nicht mahlen und auch nichts verdienen kann, die Mühle deshalb
nehmen, weil er keine Pacht bezahlet hat: Ist das Gerecht?
wurde auch, mit Nein geantwortet.
Hier ist nun aber ein Edelmann, der will einen Teich inachen, und
um mehr Wasser iu den Teich zu haben so lasset er einen Graben machen,
um das Wasser, ans einem kleinen Fluß, der eine Wassermühle treibet,
in seinen Teich zu feiten, der Müller verliehrt dadurch das Wasser, und
kann nicht mahlen: und wenn was noch möglich wäre, so ist es, daß er
im Frühjahre 14 Tage, und im späten Herbst, auch etwa 1-4 Tage mahlen
kann: Dennoch wird praetendirt, der Müller, soll seine Zinsen, nach wie
vor, geben, die er sonst entrichtet hat, da er noch das volle Wasser, von
seiner Mühle gehabt: Er kann aber die Zinsen nicht bezahlen, weil er die
Einnahme nicht mehr hat: Was thnt die Cüstrinsche Justiz? sie befiehlt,
daß die Mühle verkauft werden soll, damit der Edelmann seine Pacht
kriegt. Und das hiesige Cammergerichts Tribunal approbirt solches!
Das ist höchst ungerecht, und dieser Ausspruch, Sr. Köuigl. Majestät
Laudesväterlichen Intention, ganz und gar entgegen: Höchstdieselben wollen
vielmehr, daß Jedermann, er sey vornehm oder geringe, reich oder arm,
eine prompte Jnstitz admiuistrirt, und einem jeglichen Dero Unterthanen,
ohne Ausehen der Person und des Standes, durchgehend^ ein unpar-
thepisches Recht Wiedersahren soll. Se. Königl. Majestät, werden daher,
in Ansehung der, wider den Müller Arnold, aus der Pommertziger Krebs-
mühle, in der Neumark, abgesprocheneu, und hier approbirten, höchst nn-
gerechten Sentenz, ein nachdrückliches Exempel statniren, damit sämmtliche
Jnstitzcollegia, in allen Dero Provinzien, sich daran spiegeln und keine
dergleichen grobe Ungerechtigkeiten, begehen mögen: denn sie müssen nur
wissen, daß der geringste Bauer, ja was uoch mehr ist, der
Bettler, ebenso wohl ein Mensch ist, wie Se. Majestät sind,
und dem alle Jnstitz muß wiedersahreu werden, indem vor der
Jnstitz, alle Leute gleich find, es mag sein, ein Prinz, der wider
einen Bauer klagt, oder auch umgekehrt, fo ist der Prinz, vor der Jnstitz,
dem Bauer gleich: Und bey solchen Gelegenheiten, muß nur, uach der
Gerechtigkeit verfahre» werden, ohne Ansehen der Person: Darnach mögen
sich die Justitz-Eollegia, in allen Provinzen, nur zu richten haben, und wo
sie nicht mit der Jnstitz, ohne alles Ansehn der Person und des Standes,
gerade durchgehen, sondern die natürliche Billigkeit bey Seite setzen: so sollen
sie es mit Seiner Königl. Majestät zu thuu kriegen. Denn ein
Justitz-Collegium, das Ungerechtigkeiten ausübt, ist gefährlicher und schlimmer
wie eine Diebesbande, vor die kann man sich schützen, aber vor Schelme, die
den Mantel der Jnstitz gebrauchen, um ihre üble P&ssiones auszuführen,
vor die kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger wie die grösten Spitz-
bnben, die in der Welt sind, und meritiren eine doppelte Bestrafung. —