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1. Übersetzungen zu dem Quellenbuch zur Geschichte der Neuzeit - S. 35

1890 - Berlin : Gaertner
-Zö- Um sich von dem geringen Geschmack, der auch noch gegenwärtig in Deutschland herrscht, zu überzeugen, brauchen Sie nur in die öffentlichen Schauspiele zu gehen. Sie werden dort die abscheulichen, in unsere Sprache übersetzten Stücke von Shakespeare aufführen sehen und alle Zuschauer vor Entzücken über diese lächerlichen, den Wilden Canadiens angemessenen Possen außer sich finden. Ich nenne sie so, weil sie gegen alle dramatischen Regeln verstoßen. Diese Regeln sind weit entfernt von Willkür, Sie finden sie in der Poetik des Aristoteles, wo die Einheit des Ortes, der Zeit und der Handlung als die alleinigen Mittel, eine Tragödie fesselnd zu gestalten, vorgeschrieben sind . . . Man kann Shakespeare diese wunderlichen Verirrungen verzeihen, denn die Kunst stand damals noch in ihren Ansängen. Aber da sehen Sie ferner einen Götz von Berlichingen auf der Bühne erscheinen, diese abscheuliche Nachahmung der schlechten englischen Stücke, und das Parterre klatscht Beifall und verlangt stürmisch die Wiederholung solch widerlicher Plattheiten . . . Da sehen Sie denn, mein Herr, die verschiedenen Hindernisse, infolge deren wir nicht so gute Fortschritte gemacht haben, wie unsere Nachbarn; doch werden die letzten nicht selten die ersten. Das kann bei uns rascher geschehen, als man glaubt, wenn die Fürsten Geschmack an der Litteratur gewinnen, wenn sie die, welche sich damit beschäftigen dadurch aufmuntern, daß sie die Hervorragendsten auszeichnen und belohnen. Wenn wir Medicäer haben, werden wir auch Genies erblühen sehen. Wo ein Auguftus ist, giebt es auch einen Vergil. Wir werden unsere Klassiker haben; jeder wird sie lesen, um sich zu bereichern; unsere Nachbarn werden deutsch lernen; die Hose werden es mit Entzücken sprechen; und es wird geschehen, daß unsere verfeinerte und vervollkommnete Sprache sich zu Gunsten unserer guten Schriftsteller von einem Ende Europas bis zum andern ausbreitet. Diese schönen Tage unserer Litteratur sind noch nicht gekommen, aber sie nahen. Ich kündige sie an, sie werden erscheinen. Ich sehe sie nicht mehr, mein Alter versagt mir diese Hoffnung. Ich bin wie Moses: ich sehe das Land der Verheißung von ferne, aber ich werde es nicht betreten. Verzeihen Sie diesen Vergleich. Ich will Moses nicht in seiner Würbe schmälern und mich nicht etwa neben ihn stellen; und was die schönen Tage der Litteratur betrifft, die wir erwarten, so gelten sie mir mehr, als die kahlen und biirren Felsen des unfruchtbaren Jdnmäa. 178. dem Testamente Friedrichs des Großen. (Preuß, a. a. O. Iv, 277 ff.) Unser Leben ist ein flüchtiger Übergang von dem Augenblicke der Geburt zu dem des Todes. Die Bestimmung des Menschen während 3*
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