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1. Neuere Zeit - S. 198

1891 - Münster i. W. : Schöningh
198 Neuere Zeit. er sie in Reih' und Glied dicht zusammen hielt. Mit einer solchen Soldatenschaft konnte man denn auch die von den Franzosen aufgebrachten zweckmäßigen Neuerungen in der Kriegsführung nicht nachmachen, nämlich erstens statt des Mitschleppens der Lebensmittel und des Einrichtens von Magazinen, auf welche das Heer im Felde angewiesen war, die zwangsweise Verpflegung der Truppen in Einzelquartieren von feiten der Einwohner, und zweitens in der Schlacht neben dem Massenkampf den Gebrauch des zerstreuten Gefechtes. Durch das eine wurde bei den Franzosen große Raschheit der Heeresbewegung, durch das andere eine wirksamere Kampfart erreicht. Beides war im preußischen Heere seiner Zusammensetzung wegen unmöglich, es mußte bei seinem veralteten schwerfälligen Linienmarsch und zeitraubenden Magazinwesen verbleiben. Ebenso morsch wie das Heer waren die andern überlieferten Einrichtungen des Staates. Die Monarchie hatte auf allen Gebieten die frühere Spannkraft eingebüßt, war schlaff und welk geworden. Das Volk aber, ausgeschlossen von allem Anteil an der Lenkung der vaterländischen Geschicke, in allem und jedem von einer unfähigen Regierung bevormundet, besaß zwar noch den Nationalstolz aus Friedrichs Zeit, aber nicht mehr das freudige Zutrauen zum Könige, der offenbar seinem schwierigen Posten nicht gewachsen war. Übrigens kam damals in Preußen nichts darauf an, was das Volk meinte und dachte; es hatte bloß zu gehorchen, es sollte nichts sein als eine willenlose Masse von Steuerzahlern und Rekrutenlieferern, und es war denn auch nichts weiter. In den vornehmen Kreisen herrschte Frivolität und Genußsucht, in den unteren eine entsetzliche Stumpfheit und Gleichgültigkeit. Der Bürger und der Bauer hatten wenig Liebe für den Staat, in welchem nur Lasten und Pflichten ihr Teil waren, und wenig Liebe für das Heer, welches sie eher als eine Landplage ansahen und für eine bloße Versorgungsanstalt des hochmütigen Adels. Es war also ein verrottetes Heer und ein verrotteter Staat diese „Monarchie Friedrichs des Großen", die nun in die Arena trat, mit dem gewaltigen Kaiserreiche zu ringen, mit bett sieggewohnten Streitkräften Napoleons, die ebenso an Geist wie an Zahl ihr weit überlegen waren. Denn welch ein Abstich zwischen den Invaliden, die das preußische, und den jungen, talentvollen Feldherren, die das französische Heer befehligten! Ein ebenso großer wie zwischen den verprügelten preußischen Söldnern und den ruhmbegierigen französischen Soldaten, deren jeder „in feinem Tornister den Marschallstab" trug. Zu alle dem kam noch, daß es auch an Geld fehlte. Trotz aller Sparsamkeit hatte Friedrich Wilhelm Iii. die^Schulden, die sein Vater hinterlassen, noch nicht tilgen, geschweige denn Überschüsse sammeln können; er mußte vielmehr mit der Ausgabe von Papiergeld — von „Tresor-scheinen" (am 1. Juni 1806) — sich zu helfen fuchen. War es unter
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