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1. Bd. 1 - S. 600

1883 - Leipzig : Engelmann
850. 600 Das Mittelalter. §. 333. -arischen Schreibweise läßt sich der niedere Stand der Zeitbildung erkennen. Er selbst hat diesen Verfall eingesehen. „Wir stehen jetzt im Greisenalter der Welt," sagt er; „darum hat die Schärfe des Geistes nachgelassen, und Niemand vermag es, in dieser Zeit den früheren Schriftstellern gleichzukommen." An Fredegar reihen sich wieder andere unbekannte Mönche. — Unter Karl dem Großen und seinem Sohne hob sich mit der allgemeinen Bildung auch die Zahl und Bedeutung der Geschichtschreiber. Einhard (§. 322), ein vielseitig gebildeter Mann, der dem Kaiserhause sehr nahe stand, hat in dem „Leben Karls des Großen" ein schönes Denkmal der Pietät aufgestellt, zugleich ist in den trefflichen Annalen des Klosters Lorsch, die für diesen Zeitraum als Jahrbücher des Reichs gelten können, feine Hand nicht zu verkennen. „Einhard hatte das unschätzbare Glück," bemerkt Ranke, „in feinem großen Zeitgenossen den würdigsten Gegenstand historischer Arbeit zu finden; indem er ihm, und zwar aus persönlicher Dankbarkeit für die geistige Pflege, die er in feiner Jugend von ihm genossen, ein Denkmal stiftete, machte er sich selbst für alle Jahrhunderte unvergeßlich. Vielleicht in keinem neueren Werke tritt nun aber die Nachahmung der Antike stärker hervor, als in Einhards Lebensbeschreibung Karls des Gr. Sie ist nicht allein in einzelnen Ausdrücken und der Phraseologie, sondern in der Anordnung des Stoffes, der Reihenfolge der Kapitel, eine Nachahmung Suetons." Auch wichtige Briefe und einen Bericht von Uebertragung der Gebeine der heil. Märtyrer Petrus und Marcellinus von Rom nach Seligenstadt im I. 826 besitzen wir von Einhard. Die von ihm überarbeiteten und fortgeführten Jahrbücher von Lorsch wurden das Vorbild aller späteren „Reichsannalen", die auch in der traurigen Zeit, die bald nach Karls Hintritt über das Reich hereinbrach, nicht ganz unterbrochen wurden. Den Streit der Söhne Ludwigs de? Frommen hat einer der Kämpfer bei Fontenailles, Nithard, ein eifriger Anhänger Karls des Kahlen, Sohn des erwähnten Angilbert, Abts von St. Riquier (§ 322), in vier Büchern beschrieben. „Es ist das Wert eines wackeren Kriegshelden und einsichtigen Staatsmannes, welcher so recht and der Mitte der Begebenheiten mit Ernst und Wahrheitsliebe berichtet, was er selbst durchlebt, woran er selbst den bedeutendsten Antheil genommen hat." Von da an blieb die Geschichtschreibung ausschließlich den Klostergeistlichen überlassen. Fast jedes bedeutende Kloster hatte feine fortlaufenden Reichsannalen, so Metz, Fulda (merkwürdig wegen des feindseligen Tons gegen die gallofränkifchen Herrscher), Corvey, Reichenau, St. Gallen u. a. Nach dem Muster der Einhard'fchen Jahrbücher werden darin die Ereignisse des Reichs nach der Zeit-folge dargestellt, so daß die Geschichte des Klosters nur als Nebensache erscheint. Der Mönch Regino aus dem lothringischen Kloster Prüm machte den Versuch, die Weltgeschichte in einer ziemlich ausführlichen Erzählung zusammenzufassen in einer dem Justinus nachgebildeten Chronik von Chr. Geb. bis zum 1.905. Trotz mancher Mängel und Irrthümer, namentlich in der Chronologie, ist das Werk doch von hohem Werth. „Die Schreibart ist einfach und dem Gegenstände angemessen, und wenn es ihm auch keineswegs gelungen ist, die Weltgeschichte in wirklich historischer Weise zu bearbeiten, so zeigt er doch für die ihm näher liegenden Zeiten und Verhältnisse einen freien Blick und ein gesundes Urtheil." §. 333. Ausbildung der monarchischen Kirchengewalt und die isidorisch en Decretalen. Die religiöse Richtung der Zeit und die geistige Ueber-macht des Klerus mußte der Kirche und dem Papstthum die Herrschaft erwerben. Aber die Bischöfe von Rom, nicht zufrieden mit dem langsamen Gang naturgemäßer Entwickelung, beschleunigten durch unehrliche Mittel ihre Erhebung und machten verfälschte Pergamente zur Grundlage ihrer weltbeherrschenden Macht. Zuerst suchte man die unangenehme Erinnerung an die Entstehung der weltlichen Pontifenmacht durch Pipins Verleihung des Exarchats (§. 316) dadurch zu vertilgen, daß man eine unechte Schenkungsacte Constantins aufbrachte, wonach dieser Kaiser den Bischof Sylvester mit Rom und Italien begabt und deshalb seinen Sitz nach Constantinopel verlegt habe; eine Urkunde, deren Falschheit schon im fünfzehnten Jahrhundert durch Laurentius Valla so überzeugend nachgewiesen wurde, daß seitdem Niemand mehr die Echtheit zu verfechten wagte. Noch folgenreicher war die Umwandlung, die das päpstliche Kirchenrecht durch die „pseudo-isidorischeu Decretalen" erlangte. Schon seit längerer Zeit bestand eine nach dem spanischen Bischof Isidor benannte Sammlung von kirchlichen Gesetzen und Rechtssprüchen. Diese wurden in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts durch fränkische Bischöfe, wohl aus dem Bisthum Rheims, mit etwa hundert unechten Decretalen
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