1896 -
Leipzig
: Freytag
- Autor: Ule, Willi
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Polarländer.
und die von der tiefstehenden Sonne kräftiger beschienen werden, sind Haupt-
sächlich die Träger des Pflanzenwnchses. Die Flora ist eigentümlich; sie
erinnert in ihren Formen an die alpine Hochgebirgsvegetation. Bäume fehlen,
Holzgewächse sind nnr durch verkümmerte Weiden und Kreuzdorn vertreten,
niedrige Gräser und Stauden, besonders aber Flechten und Moose herrschen
vor. Größe und Farbenpracht der Blüten zeichnet die Pflanzen ans. Den
Unbilden des Klimas sind sie vornehmlich durch kleinen Wuchs angepaßt.
Ticre. Diese Vegetation ermöglicht anch tierisches Leben. Sie giebt
den in der Polarwelt weitverbreiteten Renntieren und Moschusochseu hin-
reicheude Nahrung. Reicher allerdings bietet das polare Meer den dortigen
Landtieren Lebensunterhalt. In diesen Regionen der Oeeane leben die
großen Meersäugetiere, die Walrosse, Robben oder Seehnnde und die Wal-
sische, aber anch viele Fische und niedere Seetiere. Von letzteren leben
wieder die unzähligen Vögel, Enten, Gänse, Lnmmen und Alken, welche
die felsigen Inseln des Polargebiets oft zu Millionen bedecken. Vertreter
der Raubtiere ist der Eisbär, dem als ständiger Begleiter der kleine Polar-
fuchs folgt. Zum Schutz gegen die Wirkungen der Kälte finden wir bei
den Landtieren einen sehr starten Pelz, bei den Vögeln ein dichtes Federkleid.
Eine besonders dicke Fettlage unter der Haut bei deu meisten Land- und
Seetieren mindert ebenfalls die Wirkung der Kälte. Einzelne Tiere, wie
Renntier, Mofchnsochs und namentlich die Vögel verlassen anch im Winter
die kältesten Gebiete und wandern nach wärmeren Breiten; andere, wie z. B.
der Eisbär und der Schneehase, entziehen sich durch monatelangen Schlaf
den Gefahren des Winters.
§230. Anch der Mensch fehlt in diesen eisigen Gefilden nicht. Er ist im
Be- arktischen Nordamerika bis 80° noch angetroffen worden. Hier wohnen
wohner. die Eskimos, ein echtes Polarvolk, das vom Fischfang und der Jagd
lebt Ihr einziges Haustier ist der Hund, der in größeren Rndeln vor die
Schlitten gespannt wird. Zu deu Polarvölkern sind anch die Bewohner
der nördlichsten Gegenden der Kontinente zu zählen, die Lappen, Samo-
jeden, Tnngusen und die Jakuten, die meist das Renntier züchten,
ferner die Tfchnktfchen und Kamtfchadalen, die wie die Eskimos
vorwiegend Fischer sind und nur deu Hund als Haustier halteu. Diese
Völker trageu viele gemeinsame Züge. Wahrscheinlich sind sie alle mongo-
lischer Abstammung. Gedrungene Figur, schmutzigbrauue Hautfarbe, schwarzes,
straffes Haar, vorstehende Backenknochen und häufig eine gewisse Beleibtheit
sind Merkmale für sie- Sie stehen auf niedriger Kulturstufe, sind aber geschickt
in der Verfertigung ihrer Geräte und legen großen Scharfsinn bei der
Ausübung der zu ihrem Unterhalt notwendigen Beschäftigungen an den Tag.
Geradezu bewundernswert ist die Gewandtheit, mit der die Eskimos in
den kleinen Kajaks die stürmische See befahren. Die Wohnungen bestehen