1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Afrika —
Aegypten.
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gegenwärtig, wo Dampfer und Schienenwege die Entfernungen kürzen, ist
die Wichtigkeit dieser europäisch-indischen Straße von neuem hervorgetreten,
besonders seitdem ein großes Kanalwerk (eröffnet im Herbste 1869) Mittel-
meer und rothes Meer wieder verbindet. —
Das Reich des Khedive besteht aus dem eigentlichen Aegypten
(bis zum ersten Katarakt zwischen Assmu und Philä, 10171 Q. M. und
5 Mill. E.) und aus Sudan (über 24100 Q. M., 21/» Mill. E.).
h) Aegypten hieß bei den Alten Chemi, d. h. das schwarze, im
Gegensatze zu den blendend weißen Kalk- und weiter aufwärts Sandstein-
Massen, die in einer Höhe von 150—350 m. das im Durchschnitt 2 Mln.
breite Nilthal begleiten; die Araber nennen es El Masr oder El Misr,
und in der Bibel führt es den Namen Mizraim (Misr) oder auch
Cham. Es ist von N. nach S. an 120 Mln. lang, vom rothen Meere
bis zur libyschen Wüste 70—100 Mln. breit. Doch nur ein kleiner Theil
ist knltivirtes Land, nämlich 458 Q. M., der Kultur können noch zugeführt
werden 96 Q. M., somit beträgt der ganze Kulturboden 554 Q. M., wo-
von 310 auf Unterägypten, 244 auf das Nilthal von Kairo bis Affnän
kommen. Einzelne Theile, die früher Kulturboden waren (bei 400 Q.m.) sind jetzt
versandet oder in Sümpfe und Brackenfeen*) (z. B. Mareotis , Mensa-
lehsee) umgewandelt. Der bei weitem größte Theil des Areals wird
demnach von Sand- oder Felsenwüsten eingenommen; aber man darf nicht
veraessen, daß der kultivirte Theil meist zwei oder drei Ernten im Jahre,
und gewöhnlich sehr reiche, ergibt.
Schon die älteren Schriftsteller der Bibel, Jahrhunderte vor Herodot, schildern
die Eigenheiten dieses Landes. Da wird der Wohlthaten des Nils, der Kanäle und
Schöpfräder, und des starken nächtlichen Thaues in der dürren Jahreszeit, der Mais-
und Weizenfelder, der Weiden voll Rinder, der zarten Gemüse, der Fülle an Melonen,
Flachs, Baumwolle, Papierschilf, Tranbeu, Feigen und Datteln erwähnt. Sogar die
Unthiere des Stromes, Krokodil und Flußpferd, schildern sie als Leviathan und Behe-
moth, und nennen das Land eine Kornkammer, eine Stätte köstlicher Webereien, wo
man das feine Schesch oder Bnz (Bysfus) verfertige, und preisen zum Lstern den dor-
tigen Handelsreichthum. Auch große Städte kennt die Bibel, wenn auch nicht mit
den herodoteischen Namen. No Ammon ist Theben, Noph Memphis, Bethsemes
(wo Josephs Schwiegervater ein Sonnenpriester war) ist On oder Heliopolis, und
Phibeseth Bnbastns. — Streichen wir aus dieser Schilderung den Rnhm der Webe-
reien und den Rcichthnm des Volkes weg, denken wir uns No und Noph n. a. in Trüm-
mern, und fügen wir den Produkten noch andre hinzu, die man gegenwärtig baut,
wie Safran, Reis, Judigo, Zuckerrohr, Maulbeerbäume für Seidenraupen ?c. und daß
man eine ungeheure Zahl von Hühnern in eignen Oefen ausbrütet, so sind wir ziem-
*) Deren Wiedergewinnung für die Knltur übrigens schon angeregt ist.
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