1913 -
Leipzig
: Hirt
- Autor: Rohrmann, Adolf, Gedan, Paul, Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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C. Deutschland in seinen Weltbeziehungen.
§ 125, 126
darin übertroffen wird. Spinnen und Weben waren früher infolge des
ausgedehnten Flachsbaues und der starken Schafzucht bodenständige Er-
werbszweige; jetzt schlägt die Textilindustrie ihre Sitze mit Vorliebe in
den Kohlenbezirken auf, weil der Transport des Heizmaterials wesentlich
kostspieliger ist als der der Faserstoffe, oder man sucht starke Wasserkräfte
auszunützen.
Hauptsitze der Webindustrie sind Elberfeld-Barmen (Seide,
Besatzartikel), Krefeld (Seide, Samt, Plüsch), Aachen (Tuche), Mün-
chen-Gladbach (Baumwollwaren), Bielefeld (Leinen, Wüsche), Mül-
hausen i. E., Kolmar, Reutlingen, Augsburg, Kempten (Baum-
Wollindustrie), Kottbus, Guben, Forst, Görlitz (Tuche), Hirschberg, Landes-
Hut, Langenbielau (Leinen).
Hervorragend ist die Textilindustrie Sachsens. Hier hat sich die Baumwoll-
indnstrie schon vor der Einführung der Dampfkraft außerordentlich rasch entwickelt^.
Fördernd wirkten die Kontinentalsperre Napoleons I. (1806), die die englischen
Fabrikate von unseren Märkten verdrängte, und die frühzeitige Einführung der in
England erfundenen mechanischen Spinn- und Webmaschinen. Jetzt verarbeitet
Sachsen ein Viertel bis ein Drittel der in Deutschland eingeführten Roh bäum wolle
und beschäftigt mehr als ein Viertel der deutschen Tertilgewerbebevölkernng. Plauen,
der Mittelpunkt der vogtländischen Maschinenstickerei und der Weißwarenfabrikation,
ist inwenigenjahrzehnten aus einer unbedeutendenlandstadt zu einer verkehrsreichen
Großstadt herangewachsen. Annaberg und Buchholz sind Welthandelsplätze für
Posamenten. An der deutschen Wollwarenansfnhr sind Reichenbach, Werdau,
Crimmitschau, Meerane sowie die thüringischen Orte Gera, Greiz undzeitz hervorragend
beteiligt. Chemnitz mit mehr als 500 der verschiedensten Textilbetriebe versendet
seine Garne auch nach dem Ausland und ist Mittelpunkt eines ausgebreiteten Bezirks
der Handschuh-, Strumpf- und Wirkwarenfabrikation, in der Maschinen- und Frauen-
arbeit sich vereinigen. Das Gebiet der Oberlansitzer Leinen- und Baumwoll-
industrie erstreckt sich von der oberen Röder und Pulsnitz bis zur Neiße; stadtähnliche
Fabrikdörfer ziehen sich stundenlang durch die Flußtäler der Zittauer Gegend. Auch
die Vororte von Leipzig, Dresden und Zwickau besitzen große Wollkämmereien
und -spinnereien.
Die Textilindustrie deckt den gewaltigen inländischen Bedarf und liefert
mit ihren Erzeugnissen ein reichliches Achtel unserer Ausfuhr (§ 159).
Ungünstig ist jedoch der Umstand, daß sie fast alle ihre Rohstoffe vom Aus-
laud beziehen und erhebliche Preise dafür bezahlen muß (§ 159). Baum-
wolle erhalten wir zu 70% aus der Union, zu je 14 % aus Britisch-Jndien
und Ägypten, Wolle zu je 30% aus Argentinien und Australien, Flachs
aus Rußland, Hanf aus Rußland und Italien, Jute aus Ostindien,
Rohseide vorwiegend aus Italien, Frankreich und Japan. Die Ausfuhr
ist nicht so groß, daß wir damit dem Auslaude die großen Summen für
die gelieferten Rohstoffe mit Waren bezahlen können.
§ 12«». c) Die chemische Industrie Deutschlands ist in ihrer Vielseitigkeit wie
nach der Zahl und Größe der Unternehmungen die bedeutendste der Welt.
1 Die ^pindelzahl der erzgebirgischen Baumwollindustrie wuchs folgendermaßen:
ltfog. 12 800; 1810: 24 200; Ende 1812: 153 400. Unter dem Einfluß des Eisenbahn-
Verkehrs und des Deutschen Zollvereins stieg die Zahl 1848 auf 541 000.