1887 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
98 Die Somal.
in Armen und Beinen sind gut ausgebildet, und ist der Somal sehr
zähe und ausdauernd. Ich selbst sah die mich auf meinen Streif-
zügen begleitenden Somal von morgens 3 Uhr bis abends 10 Uhr,
außer 4 Stunden Mittagsruhe, stets auf den Beinen, immer vergnügt
und lustig plaudernd und nicht müde, während meine Zanzibarneger
kaum vorwärts zu bringen waren.
Das innere häusliche Leben, in das ich mit der Zeit einen Ein-
blick gewonnen habe, ist wie solgt:
Der Somal, der streng nach den Vorschriften des Koran lebt,
hat in hiesiger Gegend meist nur eine Frau, welche ihm den inneren
Haushalt führt und die kleinen Kinder erzieht. Sie steht dem Manne
vollständig ebenbürtig zur Seite. Wenn mehrere Frauen im Hause
sind, so wechseln sie sich tage- oder wochenweise dergestalt ab, daß
eine Frau dem Eheherrn Gesellschaft leistet, während die anderen
das Hauswesen besorgen. Für alle Beschäftigungen außerhalb des
Hauses, wie Kochen, Brotbacken, Holz und Waffer herbeischaffen,
sind die Sklaven da, welche außer diesen Arbeiten ein sehr faules
und gutes Leben führen. Die Tageseinteilung der Städter in hiesiger
Gegend und jetziger Jahreszeit beginnt um 5 Uhr morgens. Nach dem
Aufstehen wird gebadet refp. die im Koran vorgeschriebene körper-
liche Waschung vorgenommen und dann gebetet. Das Frühstück, um
6 Uhr eingenommen, besteht aus Milch, Kaffee oder Thee mit Brot.
Den ganzen Morgen bis 11 Uhr verbringen besonders die Männer
mit Besuchmachen und -empsangen. Da die wenigsten Geschäfte
haben, so genieren sie sich gegenseitig nicht. Um 11 Uhr beten
wiederum einige, andere lesen im Koran. Von 12—1 Uhr speist der
Somal, und zwar Männer allein und Frauen allein in einem großen
Haushalt; in kleinen dagegen speist das Ehepaar zusammen, die
Kinder zusammen und ebenso die Sklaven. Nach dem Mahle wird
eine zweistündige Siesta abgehalten. Da der Somal sehr gesellig ist,
so liebt er es, Freunde bei sich in seiner Häuslichkeit zu sehen und
zu bewirten, welches zweifelhafte Vergnügen mir gar oft zu teil
wurde.
Nach den landesüblichen Begrüßungsscenen erhält der Gast Thee
oder Kaffee, dann Kettebettes mit Syrnpsance, ein recht schmack-
Haftes Gericht, ferner Pfannkuchen von Mehl, Butter und Zucker
und zum Schluß wieder Kaffee oder Thee. Die ganze Mahlzeit
nimmt man, aus der Erde liegend oder mit untergeschlagenen Beinen
sitzend, mit den Händen ohne Messer und Gabeln oder Löffel aus