1887 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Westküste von Afrika. 247
Lehmhäuser der Neger stehen unter und an dem Hügel, von dem die
freundlichen Wohnungen einer englischen Missionsstation, im euro-
Peuschen Stile gebaut, herabschauen.
Der Kalabar war lange Zeit ein bedeutender Ausfuhrhafen
für Sklaven, aber in einem 1842 auf Verlangen der englischen
Kreuzer unterzeichneten Vertrag machten sich die damaligen Häupt-
linge, Eyo und Eyamba, verbindlich, dem Menschenhandel zu ent-
sagen, und seitdem hat die Kultur des Palmöls und seine Ausfuhr
bedeutend zugenommen. Sie ist fast ganz in den Händen der Eng-
länder, und mehrere Ölfchiffe, die in ihrem abgetakelten Zustande,
mit Strohdächern überbaut, schwimmenden Häusermassen glichen,
lagen auf dem Fluß vor Anker.
Die Hütten des von den Engländern Duke-Town genannten
Fleckens, der bei den Eingeborenen Atarpah heißt und gegen tausend
Familien enthalten mag, stehen ordnungslos auf dem unebenen Ter-
rain umher, so daß von Straßen, deren Reihen zwar angedeutet,
aber nicht eingehalten sind, kaum eine Rede sein kann, zumal jeder
die Straße zugleich als Hof benutzt, um allen Unrat dorthin zu
werfen. Der Boden ist ein roter Lehm, der bei Regenwetter sich in
einen schlüpfrigen Morast verwandelt, und macht es oft bedenklich,
die Abhänge hinabzuspringen, die meistens ein Haus von dem an-
dern trennen. Die Häuser selbst sind aus leichtem Fachwerk ausge-
führt, das von außen mit Thon befchmiert und von innen durch
Matten und Abteilungen getrennt ist. Viele derselben standen zer-
fallen oder wenigstens unbenutzt, da der Sohn beim Tode seines
Vaters die Wohnung für ein ganzes Jahr leer stehen läßt, um die
Ruhe der Seele, die folange darin fortlebt, nicht zu stören. Ehe er
aufs neue einzuziehen wagt, errichtet er ein sogenanntes Teufels-
haus für die jetzt heimatlose Seele, wo sie von den nekromantischen
Ceremonieen-Kundigen beschworen und zu den gewünschten Aus-
sprächen gezwungen werden kann.
Die Häuser der Reichen schließen freie Plätze ein, um welche
Veranden laufen, und tragen mitunter einen balkonartigen Aufsatz
als zweiten Stock, zu welchem Treppen hinaufführen. Man könnte
leicht versucht sein, viele derselben für Möbelmagazine oder die Bude
eines antiquarischen Trödlers zu nehmen, da der gute Ton unter der
Negeraristokratie verlangt, ihre Wohnungen möglichst mit allen Arten
europäischer Luxusartikel vollzupfropfen, obwohl niemand an ihre
Benutzung denkt, oder sie auch nur verstünde. Einen der Matadore