1901 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Hanncke, Rudolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Zeit haben auch die poetischen Künste in Schweden ihre Pflege ge-
fünften, und Esaias Tegner hat mit seiner Frithjossage ein in alle
Sprachen übersetztes Meisterwerk geliefert. — Die heutigen Schweden,
die man wegen der „von der Residenz und dem Adel beliebten sran-
zösischen Tünche auch die Franzosen des Nordens" nennen möchte,
deren Bezeichnung als „maritime Germanen" uns aber doch besser
gefallen will, haben in ihrer äußeren Erscheinung etwas entschieden
Germanisches: blaue Augen, blonde Haare und die Rosenwangen der
Jugend. In ihrem Charakter prägt sich Ernst und Schweigsamkeit
aus; auch soll der Reichtum an schönen Liedern, die wir aus den
Konzertsälen kennen, weniger ein Erzeugnis der allgemeinen Volks-
eigentümlichkeit sein als der Ausfluß der musikalischen Begabung der
Gebildeteren. Die Natur des Landes verurteilt die Schweden zu ab-
geschlossenerem Leben, und in der einsamen „stuga" ^Bauernhaus»
werden mit wunderbarer Zähigkeit die Gestalten der nordischen
Mythologie, der Trollen 1 und Elsen, des Strömkarls, Ägirs und des
Neck festgehalten und ihre Thaten in wunderbaren Erzählungen von
Geschlecht zu Geschlecht berichtet. Das Land ist lutherisch, das Ein-
kommen der Pfarrer aus dem Lande mager genug, und die Schilderung
eines solchen schwedischen Pfarrers, der gezwungen ist, Ackerbau und
Fischfang zu seinem eigenen Erwerb zu treiben, ist in dem Roman:
Tie Leute von Hemsoe ergötzlich zu lesen.
In der Bodenbeschaffenheit des Landes kann man drei Gürtel
oder Zonen unterscheiden. Die ungünstigsten Verhältnisse finden sich
in der nördlichen, dem Norrlande, in das weit hinein von Norden
her die Lappen übergesiedelt sind. Diese nördlichen Teile Schwedens
sind weit rauher als die unter gleichen Breiten liegenden Küsten-
streifen Norwegens. Der nördlichste Leuchtturm Schwedens steht in
Haparanda, das unweit des nördlichen Polarkreises liegt, wo man
am längsten Tage die Mitternachtssonne sehen kann. Übrigens giebt
es auch weit nach Süden hinein in Schweden den Juni und Juli
hindurch keine eigentliche Nacht. Haparanda baut Schiffe, die bis
nach Brasilien segeln. Von hier dehnt sich bis Umea 140 Stuuden
lang ein Wald aus. Der am weitesten nach Norden hinaufgehende
Baum ist die Birke; doch bestehen die Wälder Norrlands größtenteils
aus Nadelholz. „Gleichwie in dem Waldlande Rußlands erscheint
auch ganz Norrland", sagt L. von Buch, „von einem hohen Punkte
übersehen, als ein ungeheurer, grenzenloser Wald, den nichts unter-
bricht als hin und wieder der leere Raum, den kleine Seen ein-
nehmen, und kleine blaue Berge am Rande. Nur die Gegend der
Flüsse ist bewohnt und belebt, das übrige traurig und tot. Auch an
den rauschenden Flüssen, die nicht umsonst den Lachs heraussteigen
1 Trollhätta bedeutet Zauberhut.