1910 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Schmidt, Max Georg, Steinhauff, Arnold
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Realanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Deutschen in Südamerika.
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und wird größtenteils von deutschen Beamten verwaltet. In Kolumbien wird der
Verkehr (mit vampfern auf dem Magdalenenstrom, mit Maultierkarawanen auf den
Landstraßen und auf der Eisenbahn von der Rüste bis Baranquilla) ausschließlich
durch Deutsche vermittelt. In Peru finden sich gegen 550 Reichsdeutsche als Bergbau-
beamte, Ingenieure und Handwerker; eine geschlossene deutsche Ackerbaukolonie von etwa
800 katholischen Deutschen liegt ziemlich abseits im Innern beim Flusse Pozuzo. In
Bolivien sind die Deutschen fast ausschließlich angesehene Raufleute in den Städten
La paz, Potosi), welche die Erze des wirtschaftlich sehr rückständigen Landes ausführen.
Besonders einflußreich ist das Deutschtum in Chile, dem „Preußen Südamerikas". Die
chilenische Armee ist nach deutschem Vorbild und unter Leitung und Mitwirkung deutscher
Offiziere umgestaltet worden; auch in der gelehrten Welt nehmen die Deutschen als
Lehrer an Hochschulen und Lyzeen, als Ingenieure, Ärzte und Apotheker den ersten Platz
ein. Besonders in dem bevorzugten Südchile vertreten sie die Bildung und den Wohl-
stand. 120 hochangesehene und einflußreiche deutsche Handelshäuser, welche ihren Waren-
bedarf fast ausschließlich aus dem Mutterland beziehen, find in den Hafenstädten heimisch.
In Valdivia, wo man fast nur die deutsche Sprache hört, ruht das Export- und Import-
geschäft ganz in deutscher Hand. Auch die gewerblichen Großbetriebe, Exportschlächtereien,
Gerbereien und Schuhfabriken u. a. find hier durch deutsche Tatkraft erwachsen. In den
Salpeterfeldern, deren Ertrag drei viertel der Gesamtausfuhr ausmacht, sind bedeutende
Kapitalien aus der Heimat angelegt.
Argentinien ist für den deutschen Überseehandel von größter Bedeutung. Fast
die Hälfte des gesamten deutschen Handels mit Südamerika fällt auf dies reiche Land:
Der dritte Teil des argentinischen Weizens sowie der Rindshäute und die Hälfte der Wolle
gehen nach Deutschland. Etwa 18 000 Reichsdeutsche sind hier angesiedelt, teils als Farmer
mit Musterwirtschaften für Viehzucht, Weizen- und Gemüsebau, teils als Handwerker
und Geschäftsleute in Buenos Aires. In der Elektrizitätsbranche (Straßenbahnen in
Buenos Aires und Rosario) nimmt die Deutsch-Überseeische Elektrizitätsgesellschaft eine
beherrschende Stellung ein.
Auch die Fabriken der Liebigschen Fleischextrakt-Kompagnie in Fray Bentos in
Uruguay sind ein von Deutschen gegründetes und noch heute geleitetes Unternehmen,
hier werden in der Schlachtperiode bis zu 1400 Rinder täglich getötet und verarbeitet.
Auch in Brasilien sind etwa 170 deutsche Großfirmen tätig mit Kapitalien von
mindestens % Milliarde Mark. Besonders lebhaft sind sie am Gummigroßhandel von
para, am Tabakgeschäft von Bahia und am Kaffeeexport von Rio und Santos beteiligt.
In industriellen Betrieben (Tabakfabriken bei Bahia, Schiffsbauanstalten in Porto Alegre,
Elektrizitätsanlagen) stecken gleichfalls namhafte Summen.
Mit besonderer Wertschätzung gedenken wir Jedoch der wackeren Volksgenossen in
den Ackerbaukolonien der Südstaaten Brasiliens: Rio Grande do Sul, Santa Tatharina
und parana. Seit annähernd hundert Jahren haben sich hier hunderttausende unserer
Landsleute (zumeist Pommern und Rheinländer aus dem hunsrück) ein neues heim ge-
gründet und, obwohl vielfach gänzlich abgeschlossen vom Mutterland, mit rühmenswerter
Treue an deutscher Sprache, Sitte und Kultur festgehalten, so daß man oft meilenweit
nur deutsche Worte hört. Solche Mittelpunkte reindeutschen Wesens mit deutschen Kirchen
und Schulen sind Säo Leopolds, Santa Truz, Ioinville, Blumenau (Abb. 67) u. a.