1913 -
Dresden
: Bleyl & Kaemmerer
- Autor: Fick, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Der betäubende Donner des Wassersturzes, die tiefgrünen Wellen, die Massen weißen
Schaumes, der helle Regenbogen, den die Sonne in die aufsteigenden Dünste malt — das
alles bietet ein Schauspiel ohnegleichen. Der Hufeisenfall ist der malerischste. Im Winter
ist der Anblick noch großartiger — die stürzenden Wassermassen sind dann durch eine
gigantische Eiswand verborgen; man hört den Donner, ohne sie selbst zu sehen" (v. Hell-
wald). Das gewaltige Naturschauspiel lockt natürlich im Sommer Hunderttausende von
Menschen herbei, und an den Felsklippen der beiden Ufer ist eine ganze Stadt von Gast-
Häusern und Läden entstanden. Unterhalb des Falles strömt der Fluß noch 12 km weit
durch eine schmale, von 60—90 m hohen, steilen Felswänden eingeschlossene Schlucht, in der-
er, die Unteren Schnellen bildend, noch weitere 33 m fällt. Dann tritt er in ein
Land mit niedrigen Ufern und erreicht in ruhigem Laufe den Ontariosee.
Wie bei allen Wasserfällen, so kann man auch beim Niagara ein allmähliches Zurück-
weichen des Falles beobachten. Nach Lyell beträgt dieses 1j3 m jährlich. Die Zerstörung
Abb. 47. Der Niagarafall.
(Als großes farbiges Anschauungsbild bei F. E. Wachsmnth in Leipzig erschienen.)
des Felsengrundes wird beim Niagara noch dadurch beschleunigt, daß die untern Schichten
ziemlich weich sind und darum von den tobenden Wassermassen ausgehöhlt werten, worauf
die oberen Schichten einbrechen. Man hat die Zeit, die der Niagarafall gebraucht hat, um
den Weg vom Ende der Felsenschlucht bis zu seiner jetzigen Stelle zurückzulegen, auf
36000 Jahre geschätzt, und noch 70000 Jahre sollen vergehen, bis er den Eriesee erreichen
wird. Neuere Untersuchungen ergaben eine bedeutend kürzere Zeit.
Die über den Niagarafall hinabstürzenden Wassermassen hat man auf 11000 cbm
für die Sekunde, auf 350000 Mill. edm für das Jahr berechnet, und sie entsprechen einer
Arbeitsleistung von 5'/, Mill. Pferdekräften. Durch die Anlage großer Elektrizitätswerke,
deren Leitungen bis nach Neu-Dork reichen, hat man in neuerer Zeit angefangen, diese
gewaltigen Kräfte auszunutzen. Etwa 50000 Pferdekräfte werden jetzt dem Falle entzogen,
ohne daß dadurch dessen Eindruck wesentlich beeinträchtigt wird. Das große Verkehrs-
Hindernis, das die Schnellen und der Fall des Niagara bilden, hat man schon 1829 durch