1896 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Gockisch, Paul, Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Mädchen
128 Deutschland.
6. Erzeugnisse, Gewerbe und Handel.
a) Das Mineralreich. Der Boden Deutschlands ist vornehmlich in deu
Gebirgen reich an Mineralen, und unter diesen nehmen Stein- und Braun-
kohlen, Eisen und Salz die erste Stelle eim Nur Großbritannien und die
Union übertreffen Deutschland in Bezug auf Steinkohlen- und Eisengewinnung.
Die wichtigsten Steinkohlenlager sind das westfälische (Ruhrbecken), das ober-
fchlesische, das Saar-, das Zwickau-Chemnitzer, sowie das Walden-
burger Becken. Das ansehnlichste Braunkohlenlager des Reiches liegt in
der Magdeburger und Thüringer Mulde; an diese reihen sich die Braun-
kohlengebiete um Frankfurt a. O. Die Haupt - Eisenlager befinden sich an der
oberen Sieg und im Tarnowitzer Plateau, au der uutereu Ruhr und
im Fichtelgebirge. Die reichsten Salinen und Steinsalzlager besitzt die Um-
gebung des Harzes (Staßfnrt, Schönebeck, Halle), das s.o. Bayern (Reichenhall,
Berchtesgaden), Württemberg. In Silbergewinnung behauptet das Deutsche
Reich den ersten Rang in Europa, und nächst Spanien erzeugt es in unserem
Erdteil die größte Masse von Kupfer. In der Förderung von Zinkerzen über-
trifft es alle Staaten der Erde. Bernstein wird an der Küste Samlands
gefischt und gegraben.
d) Das Pfianzenleben. Den Schwankungen des Klimas und namentlich
dem Gauge der Wärme gehorcht das Pflanzenletien. In unfern wärmsteu
Gegenden zieht der Frühling mit seinen Erscheinungen, dein Aufblühen der Ge-
wächse und der Wiederkehr der Zugvögel, am zeitigsten ein; s. die Karte der
Aprilblüte*) S. 127. Durch diese Anschmiegung an den Gang der Wärme ge-
winnt die Pflanze ihrerseits die Fähigkeit, als untrügliches Thermometer für
mittlere Wärmegrade zu dienen. Gewisse Gewächse können hierin geradezu als
Leitpflanzen gelten; so beweist das Vorkommen der Rotbnche durch ganz
Deutschland mit Ausnahme einiger Höhenlagen und der Osthälfte Ostpreußens,
daß nur au diesen Stellen nicht 5 Monate hintereinander mindestens -f 8°C
herrschen. Die Linie, s. deren die Weintraube zur Vollreife gelangt, verläuft
in Deutschlaud bei milder Wintertemperatur etwas n. neben der Juli-Isotherme
von 20° und umschließt die oberrheinische Tiesebeue, den Rheingau,
das Mosel-, Main-, Neckar- und Saalethal, sowie die Umgegend von
Grü nberg.
Infolge der Verteilung der Niederschläge über alle Jahreszeiten starren uns
iu Deutschlaud nirgends pflanzenleere Wüsten, nirgends dürre Steppen entgegen.
1u unseres Reiches ist mit Wald bedeckt**), überwiegend mit Nadelholz; in
sandigem Boden gedeiht die genügsame Kiefer am besten, unsere Gebirge tragen
meist fchlanke Fichten und auch Taunen. Große Strecken prangen aber auch
im Schmucke prächtiger Buchen- und Eichenwälder. Ungefähr die Hälfte
unseres Bodens wird vom fleißigen Landmanne bestellt. Die größten Acker-
ländereien liegen ö. der geraden Linie, die das Fichtelgebirge mit der Elb-
mündnng verbindet, sowie in der oberrheinischen Tiefebene und an der Donau
(wo dort?); aber nur unsere wichtigste Nährfrucht, die überall gedeihende
Kartoffel, ernten wir im Überfluß, so daß sie massenhaft znr Ausfuhr kommt,
*) D. i. die Blüte unserer Frühlingsblumen, wie Maßliebchen oder Gänse-
blümchen, Anemonen, Primel, Schneeglöckchen u. s. w., aber auch der Obstbäume und
Beerensträucher. Die Blüten dieser Pflanzen entfalten sich im Tieflande gewöhnlich
im April.
**) Vgl. die Karte S. 129.