1908 -
Langensalza
: Beyer
- Autor: Fritzsche, Richard
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
102 Die Westfeste Amerika.
Die isolierte Lage und das ungesunde Rlima hielten den großen
Auswandererstrom von Südamerika fern und hinderten so die Besiede-
lung des Landes.
b) Ein weiterer Grund für die Rückständigkeit der Kultur ist in der
horizontalen Gestalt und in der Bodenform zu suchen:
Südamerika ist eine völlig ungegliederte plumpe Erdmasse, der
die tiefeinschneidenden Buchten fehlen. Infolgedessen sind die Landschaften des
Inneren der Küste weit entrückt und nur schwer erreichbar. Dazu kommt,
daß in Südamerika gute Naturhäfen selten sind. Zwar fehlt es nicht an
ausgezeichneten Buchten, aber diese liegen weit auseinander und stehen zu-
meist mit dem Innern in keiner Verbindung (Pernambuco, Rio de Janeiro,
Valdivia, Valparaiso usw.). Der Erdteil ist also, obgleich er rings vom
Meere umgeben ist, schwer zugänglich.
Auch die Bodenform ist der Kulturentwicklung hinderlich gewesen.
Das größte Verkehrshindernis bilden die Anden, die den Erdteil
von Norden nach Süden durchziehen. Zwar ist das Gebirge nicht von be-
trächtlicher Breite (500—750 km), dafür aber von bedeutender Höhe. Steil
steigt es aus dem Spiegel des Stilleu Ozeans zu einer Höhe von 3000
bis 7000 m empor, teilt sich bald in zwei, bald in drei oder mehr
parallele Züge und fällt wieder steil in die Tieflandsmulde hinab. Dazu
kommt, daß die Schartung des Gebirges keine starke ist; die Übergänge
liegen durchgängig sehr hoch.
Der Osten ist erfüllt von den ungeheuren Niederungen der großen
Ströme und von den Berg- und Tafelländern von Guayana und Brasilien.
Diese Gebirge setzen zwar an sich dem Verkehre keine Hindernisse entgegen,
dafür aber ist die schwer durchdringliche Vegetation dem Verkehre sehr
hinderlich.
Dazu kommt nnn weiter, daß es im Inneren an Verkehrswegen fehlt.
Im Tieflande sind die großen Ströme die einzigen Straßen; im Berglande
aber versagen auch diese, da sie dort zahlreiche wilde Stromschnellen und
Wasserstürze bilden.
Künstliche Wasserstraßen fehlen ganz, obwohl eine Verbindung der
großen Ströme nicht auf allzu große Schwierigkeiten stoßen würde, und
das Eisenbahnnetz ist noch sehr gering entwickelt. Ganz besonders fehlen
die Querbahnen, durch die die beiden Gestade miteinander verbunden
werden.
Die geringe Zugänglichkeit der Austen und die geringe lvegsamkeit
des Inneren erschwerte die Verbreitung der Kultur und verhinderte bis
auf den heutigen Tag die völlige Erschließung des Erdteils und die
Ausbeutung seiner Schatze.
c) Schuld an der Rückständigkeit der Kultur trägt endlich auch die
Bevölkerung des Erdteils. Die Bevölkerung ist zum weitaus größten Teile
eine Mischlingsbevölkerung: Mestizen (von Weißen und Indianern),
Mulatten (Weißen und Negern), Zambos (von Negern und Indianern).
Zu diesen kommen noch die Kreolen (Nachkommen der alteingewanderten
Spanier), Deutsche, Engländer, Nordamerikaner, Spanier und
Italiener.