1905 -
Berlin
: Mittler
- Autor: Pflug, Heinrich, Wolff, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fachschule, Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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3. Die Weltpost.
a. Wie hat sich die Weltpost entwickelt?
Das 19. Jahrhundert, das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität,
hat auf dem Gebiete des nationalen und internationalen Völker- imd Güter-
verkehrs gewaltige Umwälzungen geschaffen. Mit der Gründung des
Weltpostvereins im Jahre 1874 tat die Post jenen kühnen Schritt, der eine
vollständige Neugestaltung dieses Verkehrsmittels im Gefolge hatte. Wie
notwendig gerade auf diesem Gebiete das Eingreifen einer schöpferischen
Hand war, davon überzeugt uns ein Blick in die postalischen Verhältnisse
Deutschlands um die Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr aber die Be-
trachtung des internationalen Postverkehrs aus jener Zeit.
Deutschland war damals geradezu der Schauplatz postalischer Ver-
wirrung. Kein Wimder, da jeder deutsche Kleinstaat seine eigene Post
hatte. Mehrere Staaten bemühten sich sogar, in den Zentren des inter-
nationalen Verkehrs, wie in Hamburg, Lübeck und Bremen, den Post-
verkehr an sich zu ziehen, ohne Rücksicht auf die Bequemlichkeit für das
Publikum. Hamburg bot in dieser Hinsicht ein geradezu kurioses Bild.
Wer dort seine Postsachen schnell und sicher befördert haben wollte, mußte
»Briefe für Sachsen und einige mitteldeutsche Herzogtümer zur preußischen
Post, Briefe für Braunschweig zur hannoverschen Post, solche ñü Olden-
burg, Bremen und Lübeck zur Hamburger Stadtpost, Briefe nach dem
nahen Lauenburg zur dänischen, Briefe nach der einen Hälfte Österreichs
zur preußischen, nach der andern Hälfte zur Turn- und Taxischen Post
%eben.« *)
Dieses Beispiel mag genügen, um ein Bild von der Verworrenheit
der deutsch-inländischen Postverhältnisse zu geben. Nicht minder schwierig
waren die postahschen Beziehungen zum Auslande. Von Einheitlichkeit
in den Porto- und Gewichtssätzen, von Schnelligkeit und Sicherheit in der
Beförderung der Briefe konnte kaum die Bede sein. Besonders hemmend
für den Auslandsverkehr erwiesen sich die hohen Portosätze, zahlte man
doch für einen Brief aus Deutschland nach Eom 48 oder 68 oder 85 oder
sogar 90 Pfennig, je nachdem er seinen Weg durch Österreich, durch die
Schweiz, über Frankreich oder zu Wasser über Genua nahm. Im Jahre 1860
zahlte man für einen Brief von Berlin nach Edinburg 1 Mark, während er
heute nach der Weltposttaxe nur 20 Pfennig kostet.
Als der eigentliche Begründer der Weltpost verdient der
Generalpostmeister des Deutschen Reiches v. Stephan genannt
zu werden, der die Bedürfnisse des internationalen Verkehrs-
lebens klar erkannte und eifrig bestrebt war, die Kulturstaaten
der Erde zu einer großen Postverkehrsgemeinschaft zusammen-
zufügen. Dieses Verkehrsideal des hochverdienten Staatssekre-
tärs wurde auf dem ersten internationalen Postkongreß zu
Bern im Jahre 1874 durch Abschluß des Weltpostvertrages
und Gründung des Weltpostvereins in die Wirklichkeit um-
gesetzt.
*) Jung, Weltpostverein.
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