1897 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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(3. Klima.) Mitbedingt ist die hohe Fruchtbarkeit durch das aus-
gezeichnete Klima. (Temperaturkarte S. 37): Die Oberrheinische Tief-
ebene hat unter den deutschen Landschaften das mildeste Klima. Die
Mitteltemperatur liegt um 2" höher als diejenige der Süddeutschen Hochebene
(10 gegen 8). Begründet ist das in der Nähe des Oceans und in der vor
rauhen Winden geschützten, niedrigen Lage. Nirgends in Deutschland kehrt
der Frühling mit seinem Grün und seinem Vogelsang so früh ein
als hier. Schon in der ersten Hälfte des April blühen die Kirsch- und
Pflaumenbäume, und bereits Anfang Juni hat man reife Kirschen.
Zusammenstellung der charakteristischen Merkmale: 1. Grabenversenkung.
2. Fruchtbarer Lößboden, ausgezeichnetes Klima, am Gebirgsrand
hohe landschaftliche Schönheit. 3. Zahlreiche Städte.
Städtebilder aus der Oberrheinischen Tiefebene.
(Straßburg, Speyer, Worms, Heidelberg, Mainz und Frankfurt a. M.)
a) Straßburg.
(1. Geschichtliches.) Am 27. September 1870 kapitulierte das von
Werder seit dem 13. August belagerte Straßburg. Ein Freudenschrei durchscholl
die deutschen Lande. „Straßburg ist wieder unser", so tönte es jubelnd von
Mund zu Mund. Es war wie das Aufjauchzen einer Mutter, der ein ge-
ranbtes Kind in die Arme zurückgelegt wird. Und Straßburg war ein geraubtes
Kind, ein Kind des deutschen Vaterlandes. 1681, in jener Zeit, als das durch
den 30 jährigen Krieg verwüstete, politisch zerrissene deutsche Reich sich jegliche
Schmach frevelnder Nachbarn gefallen lassen mußte, raubte Ludwig Xiv. mitten
im Frieden Straßburg, die doch so starke, so kerndeutsche Stadt. Seitdem ver-
hüllte der Deutsche in Trauer sein Haupt, wenn er den Namen Straßburg
nennen hörte. In dieses eine Wort schien all unsere Schmach zusammengedrängt.
Und volle zwei Jahrhunderte Verslossen! O, es dauert etwas lange, bis der
Deutsche sich auf das besinnt, was er der nationalen Ehre schuldig ist! (S.abschnitt
„Der deutsche Volkscharakter" am Schluß des Buches.) Doch endlich kam die
Stunde, wo mit wuchtigen Schlägen die Frevel eines Ludwig und eines Napoleon
gleichzeitig gesühnt wurden, wo denn endlich auch das stolze westliche Bollwerk
Deutschlands, die Festung Straßburg, zurückgewonnen wurde.*)
(2. Aage.) Strafsburg liegt da, wo von altersher zwei große Völker-
strafsen sich kreuzten. Die eine war durch die Oberrheinische Tiefebene
gegeben. Sie führt nordwärts über Frankfurt a. M. nach Mittel- und
Norddeutschland, südwärts durch die Burgundische Pforte ins Rhonethal
und zum Mittelländischen Meer. Die andere, westöstliche, war die alte
Römerstrafse, die von Gallien nach den Kastellen an der Donau führte.
*) „Straßburg ist unser!" O dieses Wort,
Mir in den Ohren klingt's fort, immer fort.
Ist's möglich, daß so lang
Fern du uns bliebst?
Ohn' dich wie entehrt
War unser Gang! (Meißner.)