1866 -
Schleswig
: Schulbuchh. Heiberg
- Autor: Dücker, Johann Friedrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schleswig-Holstein
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Lehre sehr ausgebreitet hat," fügte er hinzu, „und nicht mehr ausgerottet
werden kann, ohne innerliche Kriege zu veranlassen und das ganze Reich in
Gefahr zu setzen, so halte ich es für rathsam, beide Religionen im Reich zu
dulden, bis eine allgemeine Kirchenversammlung gehalten wird, und was
auf dieser ausgemacht wird, dem will ich mich mit andern Potentaten unter-
werfen."
Den Bischöfen klang diese Rede eben nicht angenehm, und sie suchten
daher das Vorhaben des Königs zu Hintertreiben. Sie fanden aber dießmal
nicht, wie Christian Ii. gegenüber, eine Stütze an der Ritterschaft, und so
mußten sie es Wohl geschehen lassen, daß der Reichstagsbeschluß zu Stande
kam, daß sich ein Jeder der Gewissensfreiheit und die Lutheraner sich des
königlichen Schutzes zu erfreuen haben sollten. Den Geistlichen, Mönchen
und Nonnen ward sogar durch eine Verordnung das Heirathen erlaubt, und
ihrer viele machten Gebrauch von dieser Erlaubnis, verließen die Klöster
und traten in den Ehestand.
Sein^ Sohn Christian, der die Regierung der Herzogthümer ver-
waltete, war am Hofe des brandenburger Kurfürsten erzogen worden. Dieser
Kurfürst war freilich ein eifriger Anhänger des Papstes, der Prinz hatte
aber gleichwohl Gelegenheit, über Luthers Sache, die Aller Herzen bewegte,
-Vieles zu hören, und was er hörte, machte einen tiefen Eindruck auf sein
Gemüth. Aus dem Reichstage zu Worms, wohin der Kurfüst ihn mitge-
nommen hatte, sah und hörte er den Mann Gottes, und sein Wort: „Hier
stehe ich! Ich kann nicht anders! Gott helfe mir! Amen!" -mag dem
Prinzen, der damals 17 Jahre alt war, tief ins Herz gedrungen sein. Als
während des Reichstags ein Franziskanermönch vor dem Kaiser Karl Y.
und vielen Fürsten predigte und, statt die lutherische Lehre mit Gründen zu
widerlegen, nur mit Schimpfreden gegen Luther und seine Anhänger zu
Felde zog, saß der Prinz unter der Kanzel und ärgerte sich über das Un-
wesen. Nach der Predigt kniete der Mönch auf der Kanzel nieder. Dabei
geschah es, daß der Strick, welchen diese Mönche statt eines Gürtels tragen,
durch eine Spalte der Kanzel just neben dem Prinzen herabhing. Der Prinz
band unbemerkt den Strick unter der Kanzel fest, so daß der Mönch nicht
aufstehen konnte. Darüber ereiferte er sich noch mehr, wandte sich an den
Kaiser und sagte: „Gnädigster Kaiser, auch in Eurer hohen Gegenwart
scheut man sich nicht, uns armen Mönchen Solches anzuthun; was wird in
Eurer Abwesenheit nicht erst geschehen!" Bei der Mittagstafel erfuhr der
Kaiser, wer dem Franziskaner diesen Streich gespielt habe. Da lachte er
und meinte, es sei das wohl ein Zeichen, daß der Prinz zu seiner Zeit den
Mönchen noch größer» Verdruß authun werde.
Das Wort ging in Erfüllung, denn als der Prinz später zuerst Statt-
halter der Herzogthümer geworden war, suchte er mit allem Ernst und Fleiß
die Reformation in seinen Landen zu fördern. Er berief angesehene luthe-
rische Theologen ins Land, den Eberhard Weidensee nach Hadersleben,
Gerhard Slewarth nach Flensburg, Marquard Schuldorp nach Gottorf.
Letzterer reformirte auch besonders Kiel.
Die Folge davon war, daß die dänische Geistlichkeit, als der alte
Friedrich starb, es mit allem Eifer zu verhindern suchte, daß er auch König
von Dänemark werde; denn man fürchtete ihn als einen Anhänger Luthers.