1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
142 Xi. §. 2. Auflösung des Perserrelchs (331).
jedes Staates behielt er sich völlig freie und unumschränkte Verfü-
gung vor. Als Oberfeldherr des gesummten Griechenlands konnte er
nach eigner Wahl und Willkür Kriege beginnen und Frieden schlie-
ßen, und so viele Truppen aufbieten, als ihm nölhig schien, lind
nun, nachdem er an des abtrünnigen und schwer gestraften Th eb en's
Beispiel gezeigt, daß es nicht gerathen sei, sich ihm zu widersetzen,
hielt ihn nichts mehr in Europa zurück. Im Jahr 334 begann er
sein großes Unternehmen und fuhr an der Spitze seiner Truppen
nach Asien hinüber. Am Granicus entschied sich das Schicksal
Klein-Asiens, bei Jssus das Schicksal Syriens und Aegyptens, bei
Arbela oder Gaugamela das Schicksal der inneren Provinzen des
Perserreichs und des Perserkönigs selbst. Wie im Fluge („so daß
er die Erde nicht rührt", Dan. 8, 5) hatte Alexander die Lander
durcheilt und die in zwei Jahrhunderten aufgebaute und befestigte
persische Weltmacht gleich im ersten Zusammenstoß vollständig zer-
trümmert.
Die Ohnmacht und innere Auflösung des persischen Reichs ist
schon daraus ersichtlich, daß nachdem Alexander durch seinen per-
sönlichen Heldenmuth die erste Schlacht am Granicus gewonnen
hatte, er ein ganzes Jahr lang ungestört die Küstenstriche und darnach
das Innere von Klein-Asien durchziehen und sich unterwerfen konnte,
ohne durch neue persische Heere daran gehindert zu werden. Als er
das mühsam gesaiumelte zahlreiche Heer des Perserkönigs und ihn
selber am Jssus überwunden hatte, hinderte ihn wiederum Niemand,
Damascus wegzunehmen, an Tyrus den noch ausstehenden Rest altte-
stamentlicher Drohungen in Erfüllung zu bringen (Ez. 27. 28), in
Aegypten sich festzusetzen, Alexandrien zu bauen und bis in die Wüste
des Ammontempels vorzudringen. Er wollte vor allen Dingen sich
aller Küstenländer bemächtigen, um nicht in seinem Rücken durch per-
sische Flotten beunruhigt und gar von der Heimath abgeschnitten zu
werden. Erst nach dem abermaligen Verlauf zweier Jahre (331), als
er sich von den Meeresküsten gegen die Eufratländer wandte, trat ihm
Darius von Neuem und zum letzten Male, mit dem letzten Rest der
persischen Macht entgegen. Noch war es ein gewaltiges Heer von vie-
len Hunderttausenden, die aus den weiten Räumen des persischen Ge-
biets, zum Theil vom Indus und vom Jaxartes her, der kleinen Grie-
chenschaar von 47,000 Mann entgegentrat. Aber das ungeheure Per-
serheer war nichts als eine unbeholfene Masse, deren physische Ueber-
macht gegen den Geist, das Feuer und die lebendige Gewandtheit der
Griechenschaaren nicht Stand halten konnte. Auch diesmal floh der
Perserkönig, schon vor Beginn der Schlacht am Sieg verzweifelnd,
zuerst vom Schlachtfeld, während Alexander's persönlicher Muth
und Geistesgegenwart die Hauptentscheidung auch diesmal herbeigeführt
hatte. Betrachtet man diesen staunenswerthen, fast unglaublichen Ver-