Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 203

1859 - Lübeck : Rohden
Xiv. §. 4. Verderbniß in Rom. 203 zen erregen und Nothstände herbeiführen, durch welche Denen, die noch sehen konnten und wollten, die Augen geöffnet wurden über das sittliche Berderben und die Nothwendigkeit der Umkehr. Es gab aber zwei Punkte, wo Rom für schmerzliche Wunden und Geschwüre sehr empfänglich war, die äußere Politik und die innere Ordnung des Staats. Nach außen hin brauchte Rom freilich vor der Hand nichts zu fürchten, denn alle unterthänigen oder benachbarten Völker waren, wenigstens nach dem Osten und Süden hin, verderbter und entsittlichter, schwächer und elender als die Römer selbst. Auf den anderen Punkten aber, im Norden und Nordwesten, sollten sie erst etwas später ihrer Schwäche inne werden. Dagegen im Innersten des Staats, in Rom's Mauern, brach eine Revolution aus, welche nicht bloß die vorhandenen Nebel in schmählichster Weise bloßlegte, sondern auch so betrübte Zustände in ihrem Gefolge hatte, daß von da an der römische Staat fast ein Jahrhundert hindurch an einem schleichenden Fieber hinzusiechen schien. Die Noth war, daß keine Leute mehr da waren, welche den Staat regieren konnten. Der Adel, d. h. die früheren Patricier, durch die plebejischen Beamtenfamilien verstärkt, der früher an Weisheit, Kraft und Hoheit einer Reihe von Königen glich, bestand jetzt aus lauter Sklaven des Eigennutzes, welche ihre Amtsgewalt, besonders in den Provinzen, nur dazu be- nutzten, um sich zu bereichern, um ausgedehnte Ländereien als Grund- besitz zu gewinnen, um sich mit Schaaren von Sklaven und Clienten, mit unaufhörlichem Wechsel von Genüssen zu umgeben, um jeden fremden Eindringling (homo novus) aus dem Optimatenkreise fern zu halten, um das Volk durch Stimmenkauf, glänzende Spiele und Bestechungen zu gewinnen. Das Volk aber, ehemals ein Muster von ackerbauender Einfachheit, Nüchternheit, Selbstverleugnung und Vaterlandsliebe, war jetzt durch das ruhelose Kriegsleben verwildert, durch die Beute verwöhnt, um sein Erbgut von den Reicheren betro- gen, ohne höheres Interesse als seine Existenz, ohne Arbeitslust, ohne Fähigkeit, sich in ärmliche Verhältnisse zu schicken, ohne Fürsprecher und Berather, ohne Geld, ohne Heerd, eine zuchtlose Masse, die täg- lich durch Einwanderung aus den italischen Städten neuen Zuwachs bekam, die durch Aussendung von Colonieen nicht mehr hinlänglich zerstreut werden konnte, und durch die jetzt seltenen Kriege nicht mehr wie vormals zu Tausenden aufgerieben wurde. Diese wüste Masse sollte in ihren Comitien die Entscheidung geben über Gesetze, Beam- tenwahlen, Kriegführung u. s. w. Sie machte daraus ein einträg- liches Geschäft, indem sie ihre Stimmen verkaufte. Nur der meist-
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer