1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
(330 Xxv. §. 10. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt
20. zog er unter dem Zujauchzen des wetterwendischen Volks, an der
Spitze der begeisterten Veteranen in Paris ein. Am 12. Juni zog
er mit einer Armee von 300,000 Mann wieder aus, nach Norden,
nach Belgien, um die dort noch lagernden Engländer unter Wel-
lington und die Preußen unter Blücher unversehens zu überfallen
und zu vernichten, und dann sich gegen die von allen Seiten wieder
heranziehenden Russen und Oestreicher mit ihren Verbündeten zu stür-
zen. Aber schon am 21. Juni kam er als elender Flüchtling aus
der großen Schlacht bei Waterloo und Belle-Alliance nach Paris zurück,
am 22. mußte er auf Begehren der französischen Kammern abermals seine
Abdankung unterzeichnen, und am 15."Juli überlieferte er sich als
Kriegsgefangener in die Hände der Engländer, die ihn nach St. He-
lena brachten. Das waren die berühmten 100 Tage, in denen Na.
poleon und ganz Frankreich der Welt den Beweis gaben, daß sie
durch die bisherigen Niederlagen noch bei Weitem nicht genug gezüch-
tigt, daß sie noch unverändert dieselben seien und zu bleiben gedäch-
ten wie früher. Napoleon ist denn freilich unschädlich gemacht, und
ist nach einer elenden siebenjährigen Gefangenschaft auf seiner einsa-
men Felseninsel 1821 zur Ruhe gegangen. Ob man sagen darf zur
Ruhe? Zwar mit dem Munde hat er in seinen letzten Tagen mehr-
mals den Glauben an Jesus Christus, den Gottessohn und Welter-
löser bekannt, aber ob auch mit den Herzen? Die Früchte, an denen
wir den Glauben erkennen sollten, fehlen gänzlich. — Frankreich
aber ist leider auch durch den zweiten Pariser Frieden keineswegs un-
schädlich gemacht. Zwar wurde es etwas ernster gestraft, namentlich an
Geld und durch mehrjährige Besatzung durch fremde Truppen. Aber
die Verkleinerung Frankreichs, die Einschränkung in die alte natür-
liche Grenze, die Zurücknahme der früher zu Italien, Spanien, Nie-
derlande, Schweiz und Deutschland gehörigen Provinzen erfolgte nicht,
auch sonst keine Maßregel zur Schwächung und Ueberwachung dieses
ohne Unterlaß siedenden und gährenden Meeres, dessen Wellen nichts
Anderes als Koth und Unflath ausschäumen. War es damals Gut-
müthigkeit oder gegenseitige Eifersucht, oder noch Schlimmeres, was
einen günstigem oder Heilsamern Friedensschluß verhinderte, — jetzt
hat man hinlängllch sich überzeugen können, daß das revolutionäre
unbußfertige Frankreich unter Bourbons und Orleans, als Re-
publik oder als Kaiserreich fort und fort die gefährlichste Pest, das
böse Princip für alle seine Nachbaren bleibt, und nach Beseitigung
des ersten sehr wohl im Stande ist, auch noch einen zweiten und drit-
ten Napoleon aus seinem Schooße zu erzeugen.