1865 -
Langensalza
: Beyer
- Autor: Kaiser, Hermann
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt: Zeit: Altertum, Mittelalter, Neuzeit
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Herrschaft einzelner Fürsten frei zu machen. Auf diese Weise
entstanden die freien Reichsstädte, welche nur den Kaiser
über sich erkannten. —-
Dem Gemeindewesen war ein Magistrat vorgesetzt, und die
Bürgerschaft war in Zünfte, Innungen und Gilden ein-
getheilt. Zunft ist aus Zusammenkunft zusammengezogen.
Innung bedeutet so viel als Einigung.
Die Genossen eines Handwerkes erlangten nämlich das Recht,
sich aus ihrer Mitte einen Ob er in ei st er zu wählen, Niemanden
ihr Geschäft treiben §u lassen, welcher es nicht in einem festge-
setzten Zeiträume gelernt hatte, dann als Gesell gewandert
und Meister geworden war. Diese Zünfte kamen in der Folge
in so großes Ansehen, daß sich die angesehensten Personen in
einer Handwerkszunft aufnehmen ließen, zumal sie auch eine krie-
gerische Verfassung hatten; denn die Mitglieder einer Zunft wa-
ren auch gehalten, ihre meist stark befestigte Stadt gegen jeden
feindlichen Angriff zu vertheidigen.
Gilde bedeutet Vereinigung. Gildonia hießen unter
Karl dem Großen gewisse Vereinigungen zur Armenpflege und
zur Hilfe bei Feuersbrünsten. —
Die Bürger jener Zeit lebten sehr einfach und mäßig, und
solch Leben hatte den wohlthätigsten Einfluß auf ihren Körper
und ihren Wohlstand. Höchst selten, nur etwa bei Festen, zeigten
sie ihren Reichthum. Galt es aber, eine Kirche zu bauen, so
spendeten sie in reichem Maße. Wir bewundern noch heute manch'
schönes Gotteshaus, das durch den fronnnen Sinn unserer Vor-
fahren erbaut wurde, wie z. B. das Straßburger Münster, den
Cölner Dom, die Sebalduskirche in Nürnberg rr. Zur Verherr-
lichung des Innern dieser großen Kirchen boten Maler, Bildhauer,
Holzschneider rc. ihre ganze Kunst auf. Neben diesen Künsten
blühten ebenfalls Musik und Dichtkunst. ■—
Weniger als diese Künste waren Gelehrsa mfeit und Wi ssen-
schasteil verbreitet. Fast nur im alleinigen Besitze derselben
lvaren die Geistlichen, lvelche in klö sterlich er Stille sie be-
trieben. Die Bücher waren sehr selten und theuer, lveil sie
nur durch Abschreiben vervielfältiget werden konnten. Das
Abschreiben der Bücher war ein Geschäft der Mönche, und
Gcschichisfreund. Iii. 13