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1. Bd. 6 - S. 225

1845 - Leipzig : Kollmann
225 Der König ward zuerst durch Malesherbeö davon unterrich- tet. Er war darauf gefaßt. Als der Greis, in Thränen zer- fiießend, ihm die Nachricht brachte, fand er ihn im Dunkeln, die Elbogen auf den Lisch gestützt, das Gesicht in den Händen, in tiefe Betrachtung versunken. Bei dem Geräusche, das er ver- ursachte, stand Ludwig auf. Maleshcrbeö warf sich sprachlos in seine Arme. „Seit zwei Stunden — sagte der König — bin ich beschäftigt, nachzusinncn, ob ich während meiner Negierung den geringsten Vorwurf von meinen Unterthanen verdient habe. Wohlan, Herr von Maleshcrbeö, ich schwöre Ihnen mit der ganzen Wahrhaftigkeit meines Herzens, mit dem Gefühle eines Menschen, der im Begriff ist, vor Gott zu erscheinen: ich habe stets das Beste deö Volkes gewollt und nie einen Wunsch ge- hegt, der demselben entgegen gewesen wäre." Malesherbcs machte ihm Hoffnung, daß das Urtheil nicht vollzogen werden würde, weiter beim Herausgehen aus der Versammlung von einer Menge Personen die Betheucrung gehört habe, den König mit Preisgebung ihres Lebens seinen Henkern entreißen zu wollen; aber Ludwig bat ihn dringend, dieses Unternehmen zu verhindern. „Ich würde es Ihnen nicht vergeben, wenn um meinetwillen ein Tropfen Bluts vergossen würde. Ich habe das nicht ge- wollt, als cs mir vielleicht Thron und Leben gerettet hätte, und Gott sey Dank! ich bereue eö nicht." — Er begleitete Malet- herbeö und bat, ihn in seinen letzten Augenblicken nicht zu ver- lassen. Malesherbes versprach wieder zu kommen; aber er stellte sich vergebens mehrmals ein: er konnte nie bis zu ihm gelangen. Ludwig fragte öfters nach ihm und war betrübt, ihn nicht wie- der zu sehen. *) **■ Am 20. Januar kam der Iustizministcr Ga rat, nebst dem Maire und einigen Gemeindevorstehern in den Tempel, dem Könige *) Spanien war von den europäischen Mächten die einzige, die eine Verwendung zu Gunsten Ludwigs versuchte. Der in Paris befindliche Geschäftsträger derselben brachte während der Verhandlungen ein Gesuch um Aufschub an den Convent, der es jedoch unbeachtet ließ. Man sagte damals, der König von Spanien (Karl Vi.) habe sich erboten, seinen eignen Sohn mit vier unbewaffneten spanischen Ba- taillons als Geißeln nach Frankreich zu schicken, wenn der Convent von der Berurtheilung Ludwigs abstehen wolle. G. R. Iii. 15
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