1. Bd. 6
- S. 549
1845 -
Leipzig
: Kollmann
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
pfung des gemeinschaftlichen Feindes durch die Verfolgung der
besonderen Interessen gestört war. Ein Gegenstand dieser Art,
der die größte Schwierigkeit fand, war die Wiederherstellung
der preußischen Monarchie. Preußen war zwar wieder zum Be-
sitze der Länder gelangt, welche es im Jahre 1805 besessen, jedoch
mit Ausnahme der fränkischen Fürstenthümer, die sich in den Hän-
den Baierns befanden, und einiger zu Polen gehöriger Districte, die
Rußland nicht von dem Ganzen trennen wollte. Der Verlust Preu-
ßens schien daher nur gedeckt werden zu können, wenn das Königreich
Sachsen, das von den verbündeten Waffen erobert und bisher noch
von russischen Truppen besetzt war, an Preußen gegeben ward.
Doch dagegen entstanden Einwendungen und Widerspruch, zumal
von Seiten Englands und Frankreichs. Es kam dahin, daß diese
beiden Mächte mit Ocstreich einen Bund schlossen, der nur gegen
Preußen und Rußland konnte gerichtet seyn (6. Jan. 1315.). Da
erbot sich Alexander, um die Einigkeit der Cabinette wieder her-
zustellen, an Preußen einen größeren Theil von Polen, als ihm
zuerst bestimmt gewesen, zu überlassen, und vermochte diese
Macht dazu, sich dagegen mit der Hälfte von Sachsen zu
begnügen. Nachdem die fünf großen Mächte sich über diesen
Punkt geeinigt hatten, ward der König von Sachsen ersucht,
sich in die Nähe von Wien zu begeben. Seit der Leipziger Schlacht
befand sich dieser Monarch in einer Art von Gefangenschaft zu
Friedrichsfclde bei Berlin. Er nahm die Einladung an,
weigerte sich aber, in die von ihm verlangten Abtretungen zu
willigen. Seine Beharrlichkeit bewog die fünf großen Mächte,
auch ohne seine Zustimmung in der Sache zu verfügen; sie be-
stimmten daher, daß, so lange der König sich nicht würde ent-
schieden haben, Preußen in dem Besitze von ganz Sachsen blei-
den sollte. Friedrich August gab endlich dem Drange der
Umstände nach und ratificirte am 18. Mai 1315 den Tractat.
— So ward durch ein besonderes Verhängniß Sachsens König
das Opfer von Verhältnissen, denen er sich hatte fügen müssen,
was ihn in den Herzen seines Volkes nur thcurer machte, an-
ders aber vor dem Richlerstuhle der Politik beurtheilt ward. Die
schmerzliche Empfindung, welche durch die Losreißung der einen
Hälfte des Staates von der andern, durch die Trennung der cng-
vcrbrüdcrtcn Sachsen erregt ward, brach in bittere, wiewohl
unfruchtbare Klagen und Vorwürfe aus. Friedrich August kehrte