1867 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Athen. Kodros. Archonten.
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brennt sich die Riemen vom Leibe und entrinnt. Als er zum
dritten Male gefangen ward, schnitten ihm die Feinde das Herz
aus der Brust.
17. Athen. — Solon. 600.
In Attika, dem kleinen Ländchen, in welchem die Hauptstadt
Athen lag, hatten seit Theseus' Zeit viele Könige regiert, als
der letzte derselben durch seinen Tod fürs Vaterland sich hervor-
that. Der Mann hieß Kodros und mußte gegen die Feinde
(Dorer) zu Felde ziehen, die schon bis in die Nähe von Athen
vorgedrungen waren. Sie hatten aber vom Orakel die Weis-
sagung erhalten, unfehlbar würden sie glücklich sein und Athen
erobern, wenn sie den König von Athen nicht tödten würden.
„Gut," sprachen sie, „das können wir leicht vermeiden;" —
und es wurde streng besohlen, in der nächsten Schlacht ja recht
um sich zu schauen, damit Keiner den König verletze. Das
Gerücht davon aber war auch ins athenische Lager gekommen.
Sogleich faßte Kodros den Entschluß, sein Vaterland zu retten.
Er machte sich eines Tages in aller Stille auf und schlich sich
als Holzhacker verkleidet zu den Feinden, fing dort absichtlich
Streit an und wurde im Handgemenge erschlagen. Als nun
die Feinde den Todten erkannten, verloren sie den Muth;
schnell brachen sie das Lager ab, eilten zurück, und Athen war
gerettet (1068).
Aber längst hatten viele Athener gewünscht, keinen König
zu haben, damit die Herrschaft in die Hände der Vornehmen
fiele. Sie gaben daher jetzt vor, Kodros sei ein so trefflicher
König gewesen, daß kein Mensch ihm zu folgen würdig sei,
und unter diesem Vorwände schafften sie die Königswürde ab
und führten eine eingeschränkte Magistratswürde, die Archon-
ten, ein, von denen auch Athen in den folgenden Jahrhun-
derten regiert worden ist. Aber wenn auch unter einer republi-
kanischen Verfassung die Talente der Bürger sich in mancher
Beziehung freier entwickeln können und der Einzelne mehr Ge-
legenheit hat, sich bemerkbar zu machen, so kann dagegen unter
der Regierung eines selbstthätigen Königs das wahre Bürger-
glück mehr gedeihen und die Ruhe wird besser erhalten. Das
zeigte sich auch hier. Kaum war die neue Verfassung eingeführt, so
entstanden Parteien auf Parteien. Eine kriegte gegen die andere;
man sah Bürgerschlachten in den Straßen von Athen, und selbst