1867 -
Münster
: Theissing
- Autor: Meurer, Hubert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Besondere Geographie von Europa.
rechte Einheit und Innigkeit zu Stande kommen wolle. Beide Staaten strit-
ten um die Oberherrschaft in Deutschland zu Deutschlands größtem Schaden.
Die Zerrissenheit wurde immer größer, es bedurfte nur mehr eines schickli-
chen Anlasses, uin den auf diplomatischem Felde erfolglos geführten Wett-
kampf zur blutigen Entscheidung zu bringen. Furcktbare Rüstungen waren
längst vorbereitet, Preußen war mit dem neuen Italien in ein Schutz- und
Trutzbündniß getreten und hatte sich auch mit Frankreich verständigt. Oester-
reichs und Preußens Heere standen zum Losschlagen bereit an Schlesiens
Grenze, das übrige Deutschland schwankte. Schleswig-Holstein mußte die
letzte Veranlassung bieten. Preußen verlangte nämlich, in den Alleinbesitz
dieser Herzogthümer zu treten, welche iin Wiener Frieden Oesterreich und
Preußen gemeinschaftlich abgetreten waren. Oesterreich widersetzte sich einer
solchen Gebietsvergrößerung Preußens und brachte die Angelegenheit am
1. Juni an den deutschen Bund zur Entscheidung. Zugleich sollte die hol-
steinische Ständeversammlung einberufen werden, damit das holsteinische Volk
Gelegenheit finde, sich selbst über seine Wünsche zu äußern. Dagegen erließ
Preußen unter dem 10. Juni an die deutschen Bundesstaaten außer Oester-
reich ein Resorinproject des deutschen Bundes, demgemäß sich der deutsche
Bund auflösen und unter andern Verhältnissen neu constituiren sollte. Nach
diesem Projecte wurde Oesterreich vom deutschen Bunde ausgeschlossen, die
Staaten nördlich der Mainlinie bildeten aber einen Bund unter Preußens
Führung, worin unter andern Preußen die Oberleitung im Kriege und die
vollständige diplomatische Vertretung übertragen wurde. Außerdem ließ es
die am 11. Juni zu Itzehoe zusammengetretene Holstein. Ständeversammlung
gewaltsanr sprengen und durch seine Truppen von Holstein, welches nach dem
Gasteiner Vertrage von Oesterreich verwaltet wurde, Besitz nehmen. Oester-
reich betrachtete diese Maßregel als eine Verletzung des deutschen Bundes
und beantragte bei diesem in der Sitzung vom 11. Juni Mobilmachung des
ganzen Bundesheeres mit Ausnahme des preußischen Antheils desselben, und
der deutsche Bund erhob diesen Antrag in seiner Sitzung vom 14. Juni mit
9 gegen 6 Stimmen zum Beschluß, worauf Preußen seinen Rücktritt vom
deutschen Bunde erklärte, am 15. Juni an die Regierungen von Hannover,
Sachsen und Kurhessen, welche mit der Majorität gestimmt halten, die Auf-
forderung erließ, in dem bevorstehenden Kriege Neutralität zu beobachten, und
denselben nach einer ablehnenden Antwort sofort den Krieg erklärte und Trup-
pen in diese Länder einrücken ließ. Das blutige Spiel des Krieges begann
alsbald in verschiedenen Theilen des deutschen Vaterlandes, Brüder kämpften
gegen Brüder, und Ströme Blutes flössen. Oesterreich hatte gegen Italien
im Süden, gegen Preußens Heere im Norden zu kämpfen, Frankreichs
Haltung war eine sehr zweideutige. Preußen verstand es, den Sieg an
seine Fahnen zu fesseln; in seiner Organisation, seiner Vorbereitung zum
Kampfe, seinen Waffen, wie in seiner Heerführung hat es sich den übri-
gen deutschen Staaten vollständig überlegen erwiesen. Als das preußi-
sche Heer nach raschem Siegesläufe im Angesichte Wiens stand, bot Oester-
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