1. Bd. 1
- S. 800
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
800
Deutsch land.
reichen, aus-bem Schwarzwalde kommenden Flüßchen, die Hasel
genannt, gelegene Dorf Hasel bietet eine große Naturmerkwür-
digkeit dar, nämlich eine berühmte und von vielen Fremden be-
suchte Tropfsteinhöhle, insgemein das Erdmännleins-Loch
genannt, welche der bekannten Baumanns- und Bielshöhle auf
dem Harze nichts nachgiebt. Sie ist etwa 500 Schritte vom
Dorfe entfernt, mit eineic Thüre verschlossen, und enthalt mehrere
Nebenhöhlen und viele Stalaktiten oder Tropfsteingebilde von
verschiedener Stärke, von der Dünne eines Pfeifenrohrs bis zur
Dicke einer Eiche. Einige sind nur mehrere Zoll, andere 12 bis
15 F. lang. Ost haben sich Tropfsteine in Figuren von allen Arten
verwandelt; man sieht unförmliche Kolosse ohne alle regelmäßige
'Gestaltung und wieder die schönsten Säulen, welche in regelmäßiger
Ordnung das Gewölbe zu stützen scheinen. Die Gruppirung meh-
rerer zu einem Ganzen giebt Gelegenheit, daß die Phantasie sich
die verschiedensten Figurer, daraus schafft z. B. die Orgel, Kanzel,
den Mantel, Sarg, bte: Fürstengrust rc. Zuerst gelangt man,
sobald man den ersten Gang zurückgelegt hat, in ein äußerst hohes
und geräumiges Gewölbe, dessen Decke nur auf den Seitenwänden
ruht; hierauf kommt mein an eine Treppe die auf 19 Stufen zu
einer Brücke hinabführt, unter welcher in einer Tiefe von 9ä F.
ein Bach fließt, dessen wiurmelndes Getöse schon beim Eintritt in
das große Gewölbe gehört wird. Das Wasser ist bei anhaltender
nasser Witterung oft 4— 6 F. tief, gewöhnlich aber nur einen Fuß,
ganz klar, schmeckt stark nach Kalk und läuft außerordentlich ge-
schwind. Man sieht es unter den Kalkfelsen hervorsprudeln, weiß
aber nicht, wo es zu Tage kommt. Wenn man, anstatt in dem
großen Höhlengewölbe zum Bache abwärts zu gehen, gleich rechter
Hand eine 23 Stufen l)ohe Treppe hinaufsteigt, so kommt man
in die interessanteste Höl)le von allen. Sie läuft Anfangs südlich
und dann östlich ohngefahr 300 Schritte abwärts, bis sie endlich
so enge wird, daß man nicht weiter kommen kann. Der Eingang
in dieselbe ist äußerst beschwerlich und man muß eine Strecke auf
Händen und Füßen kriechen. In dieser Höhle zeigt sich die größte
Mannigfaltigkeit der Tropfsteingebilde; auch ist in derselben über-
all stehendes Wasser, das stellenweise 5 bis 4 F. Tiefe hat, über
welches zum Hinüberkommen überall Bretter gelegt sind. In ei-
ner Ecke der ersten großen Höhle führen 21 Stufen aufwärts wieder
in eine andere Seitenhö'hle, die sich etwa 30 Schritte nordöstliche
zieht, wo alsdann ein tiefes, stehendes Wasser, insgemein der
See genannt, den weitern Fortgang hindert; auch hier belohnen
die schönsten Stalaktitensormen die Mühe des Besuchers.
Eine Viertelstunde von der Vereinigung der beiden schiffbaren
Flüsse Rhein und Neckrw, in einer zwari sehr fruchbaren, aber
flachen Gegend, liegt die größte und schönste Stadt Badens,
Mannheim, einst diu Hauptstadt der Kurpfalz ooer Pfalz am