1863 -
Leipzig
: Amelang
- Hrsg.: ,, Fix, Wilhelm
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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ab. Dann hieß er Alle sich an die Tafel setzen, und wie sie fröstelten
in den nassen und durchlöcherten Kleidern, sprach er mit Lächeln und
doch mit Ernst: „Ihr läppischen Leute, wessen Kleid ist nun nützer,
das meine, das mich einen Schilling gekostet hat, oder das eure, auf
welches ihr euer ganzes väterliches Erbe verwandt habt? Mich dünkt,
der Pelz, den ich mir selber im Forste erjagt, sei besser, als eure wälscke
Tracht."
269. Vom Sachsenherzog Wittekind.
Wittekind, der Sachsenherzog, mit dem Kaiser Karl im Kriege
lag, war ein starker, trotziger Mann und hielt fest an seinen heid-
nischen Göttern. Endlich aber regte sich doch auch in ihm das
Verlangen, ein Christ zu werden. Das soll sich also zugetragen
haben.
In der Zeit, da viele Sachsen schon an Christum glaubten,
war er mit seinem Freunde Albion oder Alf nach einer verlornen
Schlacht vor dem Feinde geflohen. Sie verirrten sich in einem
finstern Walde und kamen endlich zu der Hütte eines Köhlers,
der sie freundlich aufnahm und ihnen Herberge gewährte. Wäh-
rend nun die beiden Männer auf das Abendbrod warteten, das
auf dem Heerde kochte, sahen sie bei dem Schein der Flamme
das Kreuz des Heilandes an der Wand und ergrimmten sehr in
ihrem Herzen, denn sie waren ja noch Heiden. Sie fuhren den
Köhler hart an und sprachen: ,,Was hast du da für ein Zeichen
an der Wand ? Ist es nicht das Kreuz des Gottes, den die Fran-
ken anbeten? Warum bist du abgefallen von dem Glauben unserer
Väter? Mache dich bereit, denn du musst sterben!“ Da erschrak
der Köhler sehr, sann in der Angst seines Herzens auf eine Aus-
rede und sprach: „Ihr trefflichen Herren, das ist mit nichten das
Kreuz des Frankengottes, sondern es ist das Zeichen des Ham-
mers, in dem wir ja unsern grossen Gott Thor verehren, wie
ihr wisst. Wie möchte ich denn abfallen von dem Gotte meiner
Väter!“ Aber die Fürsten wollten zusehen,-ob es sich also ver-
hielte , wie der Köhler sagte. Da war über dem Streit dessen
Söhnlein erwacht, das in einer Ecke der Hütte schlief auf Laub
und Fellen. Und als der kleine Knabe die Gefahr des Vaters
sah und seine Worte hörte, sprang er auf von seinem Lager und
rief: „Ei, Vater, warum berichtest du die Männer so falsch? Ist
es doch wohl das Bild unsers Herrn Jesu, das du da angemalet
hast, und vor dem wir beten. Und er wird uns beistehen gegen
seine Verächter! Hebe die Stange auf, mit der du das Feuer
schürest, und wehre dich gegen sie! Ich helfe dir, und so sind