1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: Meyn, Ludwig, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Sach, August
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Norddeutschland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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sich durch die Aufnahme von 20,000 französischen. Protestanten, welche die
Verfolgungssucht des Königs Ludwig Xiv. zur Flucht aus ihrem Vater-
lande genöthigt hatte. Ausgezeichnet durch ernste Frömmigkeit, regsamen
Fleiß und mancherlei Kunstfertigkeit, haben diese neuen Einwanderer großen
Segen gestiftet. Auch der geistigen Bildung seiner Unterthanen widmete der
Kurfürst die treueste Fürsorge. Die Macht und das Ansehen seines Staates
endlich vermehrte er vorzüglich durch das tüchtige stehende Heer, welches er
gründete. So hinterließ er bei seinem Tode ein blühendes Land, dessen
Glück und Ruhm sein Werk war. „Mein Ziel war darauf gerichtet",
sprach er kurz vor seinem Ende zu seinem Sohne, „mein kurfürstliches Haus
in Ruf, Flor und Ansehen zu bringen. Ich zweifle nicht, mein Sohn, du
werdest in den Grundsätzen, wodurch ich den Staat glücklich beherrschte,
mein Nachfolger sein, vor allen Dingen Gott vor Augen haben, deine Un-
terthanen herzlich lieben, treue Räthe hören und das Heft der Waffen nicht
aus den Händen lassen, denn dadurch muß nächst göttlicher Hülfe die
Sicherheit deiner Länder und detaso sauer erworbene Ruhm des Kurhauses
Brandenburg hauptsächlich aufrecht erhalten werden. Mit allem Fleiß sei
darauf bedacht, den Ruhm, welchen ich dir als ein Erbtheil überlasse, zu
wahren und zu mehren." Er starb, 68 Jahre alt, nach 48jähriger Re-
gierung. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt."
Friedrich Iii., des großen Kurfürsten Sohn, war kein kraftvoller
Herrscher, verlieh aber der von seinem ruhmreichen Vater begründeten Macht
dadurch einen höheren Glanz, daß er ihr den königlichen Namen erwarb.
Mit Zustimmung des deutschen Kaisers, dem er Beistand in seinen Kriegen
leistete, setzte er sich 1701 (am 18. Januar) zu Königsberg in Preußen
unter großen Feierlichkeiten die Königskrone auf. Als König aber
wollte er selbständig dastehen; daher nannte er sich nicht König von Bran-
denburg, weil dieses Land nur einen Theil des deutschen Reiches bildete,
sondern Friedrich I., König in Preußen; denn über Preußen
herrschte er ganz unabhängig.
23. Friedrich Wilhelm I. und der Kronprinz Friedrich.
Der zweite König in Preußen war Friedrich Wilhelm I., ein
kräftiger, einfach grader Mann, der zwar keinen Sinn für die Wissenschaften
und die schönen Künste hatte, aber dafür seinen starken Willen auf die För-
derung des Nützlichen richtete. Als die wesentlichen Mittel, um die junge
brandenburgisch-preußische Macht zu heben, betrachtete er Soldaten und
Geld; auf die Ausbildung seines Heeres verwandte er daher unter dem
Beistand Leopold's von Dessau (des alten Dessauers) die angestreng-
teste Sorgfalt, wie er denn selber nie anders als im Soldatenrock erschien,
und bei seiner genau geordneten Verwaltung erhöhte er die Staatseinnah-
men um das dreifache und hinterließ einen Staatsschatz von 9 Millionen
Thalern. Er hatte einen hohen Begriff von seiner Macht, denn er be-
trachtete sein Amt als ein von Gott verliehenes; er verlangte daber unbe-