1831 -
Halle
: Kümmel
- Autor: Zerrenner, Carl Christoph Gottlieb
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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für Verstand und Herz.
Die meisten von den weggekommenen Sachen er-
hielten diese Leute nicht wieder; denn diejenigen, welche
sie an sich genommen hatten, waren schlecht genug, sie
zubehalten. Aber die hundert Thaler bekamen sie wieder,
denn die Magd war ehrlich. Eine andere Magd hatte
sie zwar zu bereden gesucht, das Geld zu behalten; allein
sie ließ sich durch alles ihr Zureden in ihrer Ehrlichkeit
nicht wankend machen. „Nein," sagte sie, „dasgeld
ist ja nicht mein; — es wäre so schlimm, als wenn ich
es gestohlen hatte, wenn ich es behielte."
Die Eigenthümer des Geldes wollten der ehrlichen
Magd eine Belohnung geben; aber sie nahm dieselbe
nicht an. „Es ist ja meine Schuldigkeit," sagte sie, „daß
ich Ihnen das Geld wiedergebe; es hat mir ja nicht ge-
hört." ' __________.
Darf man gefundene Sachen behalten, wenn man
noch irgend hoffen darf, den Eigenthümer auszumitteln ?
— Darf man borgen, wenn man fürchten muß, daß
man nie werde wieder bezahlen können?— Ps. 37,16.
Sprüchw. 15,16.
28. Ehrlich währt am längsten.
, Leonhard war zwölf Jahr alt, als er das Unglück
hatte, daß ihm sein Vater starb. Nun hatte er keinen
Versorger mehr; denn seine Mutter war so kränklich, daß
sie ihn unmöglich mit ihrer Hände Arbeit ernähren konn-
te. Leonhard faßte daher den Entschluß, selbst sein Un-
terkommen zu suchen, um seiner Mutter nicl)t zur Last zu
fallen. Kann ich doch fertig lesen, schreiben und rechnen,
dachte er bei sich selbst: wie, sollte ich nicht durch die
Weltkommen, wenn ich fleißig und ehrlich bin?— Er
nahm von seiner Mutter Abschied, und wanderte nach
einer nahe gelegenen Stadt, wo ein Freund seines Va-
ters wohnte, der ein wohlhabender Kaufmann war. Bei
diesem meldete sich Leonhard, erzählte ihm sein trauri-
ges Schicksal, und bat ihn um Unterstützung. „Gern
will ich vom Morgen bis zum Abend arbeiten," sagte
er, „wenn Sie sich nur meiner annehmen wollen." —
Herr Schulz (so hieß der Kaufmann) war bereit, den