1847 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Pechner, Fr.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule, Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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er nicht ohne Keuchen den steilen Waldpfad mit der schweren
Bürde aus dem Rücken hinaufsteigen. Er klagte über die Last,
seufzte nach Hülfe und erschrak, als er unerwartet auf seine kla-
gende Frage eine Antwort erhielt. Doch sein Schreck ward durch
die sanfte Stimme und das freundliche Aussehen des Antworten-
den bald in Vertrauen und in Hoffnung verwandelt. Sein Ver-
trauen zu dem Jüngling ermuthigt ihn, an denselben die Bitte
um Abnahme der Last zu richten. Der Jüngling sagt die Er-
füllung der Bitte nicht zu, aber er schlagt sie auch nicht geradezu
ab, obwohl der Alte, wenn er die Worte: „Laß uns dann noch
einmal versuchen, was deine eigenen Schultern vermögen", ver-
standen, daraus hätte entnehmen können, was der Jüngling zu
thun willens war. Sie ließen sich im Schatten einer Eiche
nieder; das deutet auf einen sonnigen Tag. Jedenfalls war es
die Zeit des Nachmittags, wie die Worte „ehe die Sonne sich
neiget" vermuthen lasten. Nach der Zeit der Ruhe und Stär-
kung giebt der Jüngling durch Wort und Beispiel das Zeichen
zum Aufstehen, wodurch der Alte an die Schwere seiner Bürde
erinnert wird; denn mit Wehmuth steht er aus dieselbe hin. und
nun wiederholt er durch einen Blick noch einmal seine Bitte.
Der Ausdruck „Begleiter" verräth, daß der Jüngling dem Alten
zugesagt hat, ihn bis zum Ausgange des Waldes zu begleiten.
Leicht wird es dem Alten ums Herz, als er den Jüngling nach
der Bürde greifen steht; aber um so größer ist sein Schrecken,
als er sich in seiner Erwartung getäuscht findet. Der Jüngling
hat ihm die Last um die Hälfte erleichtert, indem er ihm die
Kraft um das Doppelte gestärkt hat. Dies fühlt der Alte, und
nicht Neugier, sondern Dankgefühl treibt ihn zu der Frager „Wer
bist du? freundliche, liebe Seele!" Das dankerfüllte Herz will
gern seinen Wohlthäter auch kennen, um den Namen desselben
zur stetigen Erinnerung in seinem Gedächtnisse zu befestigen. Der
Jüngling sucht nicht Preis, und Dank; sein Beruf ist nur zu
helfen und zu trösten, darum entzieht er sich den Augen des Al-
ten. Und so wendet dieser sich zu dem, von dem ja alles Gute
kommt, und der da allein würdig ist, zu nehmen Preis, Ehre und
Anbetung.
Aufg. I. Die Deutung der Parabel „die Bürde." Fingerzeige
dazu.- Der Alte ist der Mensch als Pilger dieser Erde; der Waldweg
ich sein Lebenspfad; die Steilheit des Weges die Verhältnisse des Lebens;
die ungünstigen Umstände, welche den Erwerb des Lebensunterhaltes be-
schränken, beschwerlich machen; die zu tragende Last die Lebensbürde:
bei Einem Siechthum; bei einem Andern Dürftigkeit; beim Dritten Sor-
gen; beim Vierten Kummer und Herzeleid. Der Seufzer des Alten ist
das sehnsüchlige Verlangen nach Erleichterung der Last, nach Abnahme
der Bürde, nach Erlösung von den Leiden; die Bitte ist das Gebet zu
Gott, der hier unter dem Bilde des freundlichen Mannes dargestellt ist.
— Der Jüngling nimmt dem Alten die Bürde nicht ab; Gott dem
Menschen seine Leiden nicht, aber er stärkt den vertrauenden Beter; er