1867 -
München
: Königl. Central-Schulbücher-Verl.
- Autor: Marschall, Georg Nicolaus
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Fortbildungsschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule, Handelsschule, Landwirtschaftsschule, Präparandenanstalt, Mittelschule
- Regionen (OPAC): Bayern
129. Der Bauernkrieg.
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Würzburg und vereinigten sich mit den
Aufständischen aus dem Odenwalde, dem
„Hellen Haufen". Würzburg war in ihre
Hände gefallen; die Feste aber, Marien-
derg, widerstand ihren Stürmen. Der
Bischof hatte Hülfe beim Pfalzgrafen ge-
sucht und als dieser mit seinem Heere
und den Truppen des Fürstbischofs im
Anmarsche war, wendeten sich die Bauern
südwestlich, in das Thal der Tauber.
Der Überlegenheit des Geschützes
und der Reiterei, wenn beide Waffen-
gattungen gehörig angewendet wurden,
vermochten die Bauern nicht zu wider-
stehen. Bei Königshofen an der Tauber
wurden sie in einer hitzigen Feldschlacht I
geschlagen und bei Ingolstadt im Ochsen-
furter Gau in einem zweiten Treffen
gänzlich aufgerieben. Unzählige Gefan-
gene wurden an den Landstraßen ge-
hängt oder sonst umgebracht, zum Theil
mit grausamen Martern, wie denn der
Mensch, der dem Grafen von Helfen-
stein zum Tode aufgespielt hatte, mit
einer eisernen Kette an einen Pfahl ge-
bunden und ringsum mit Flammen um-
geben ward. Markgraf Kasimir von
Brandenburg ließ zu Rothenburg alle
Bürger und Einwohner durch einen Herold
unter Trompetenschall auf den Markt
berufen und dann ans der Stelle 11 der
Anwesenden, am folgenden Tage aber
13 enthaupten. Die Weiber, die sich
beim Aufruhr thätig bewiesen hatten,
wurden am Pranger ausgestellt und
zum Theil in's Narrenhaus gesperrt.
Andern Theilhabern der Empörung ließ
der Markgraf die Finger abhauen und
die Augen ausstechen. Dies widerfuhr
zu Kitzingen 58 Personen. Zugleich
wurde die alte Form des Gottesdienstes
überall wieder hergestellt und zur Ver-
gütung des angerichteten Schadens eine
schwere Auflage auf alle Bürger und
Bauern gelegt. In den übrigen Theilen
von Oberdeutschland wurde die Empö-
rung in ähnlicher Weise bezwungen und
bestraft. Die Zahl derer, die in den
Schlachten, oder unter Henkershand, oder
in den Flammen der angezündeten Ort-
schaften umkamen, mochte sich in die
Hunderttausende belaufen. Die blühend- >
sten und volkreichsten Ortschaften waren !
Einöden geworden, voll rauchender Trüm-
mer und Leichenhaufen. Die Grafen
und Herren aber, die mit den Bauern
gezogen waren, verschwinden aus der
Geschichte dieses Krieges; nach dem un-
glücklichen Ausgange haben sie sich wahr-
scheinlich auf ihre Burgen zurückgezogen.
Nur Götz von Berlichingen machte eine
unglückliche Ausnahme. Als er nach
Stuttgart ritt, überfielen ihn unterwegs
Bündische. Nach mehrjähriger Gefan-
genschaft in Augsburg wurde er zu im-
merwährender Haft auf seinem eigenen
Schlöffe verurtheilt. Er mußte schimpf-
liche Urfehde schwören, nie über die
Grenzen seiner Burg zu schreiten, nie
wieder zu Pferde zu sitzen und nie eine
Nacht außerhalb seines Schlosses zuzu-
bringen, für Uebertretung eines dieser
Punkte aber ein Strafgeld von 25,000
Gulden zu zahlen. So lebte er elf
Jahre, und erst nach Auflösung des Bun-
des ward er vom Kaiser begnadigt.
Während dies in Schwaben und
Franken geschah, war Thüringen und
Sachsen der Schauplatz einer Bewegung,
welche mehr noch als der Aufstand in
Oberdeutschland in bedenklicher Ver-
wandtschaft mit der kirchlichen Neuerung
stand. Thomas Münzer, ein überspann-
ter Kopf, behauptete einen besonderen
Auftrag von Gott zu haben, die Aus-
erwählten zu einem Bunde zu vereini-
gen und das Reich Gottes auf Erden
in Erfüllung zu bringen. Er zog gegen
geistliche und weltliche Obrigkeit los,
erklärte letztere für unchristlich und pre-
digte die Gütergemeinschaft. Solche
Lehren gefielen dem großen Haufen.
Die Armen arbeiteten nicht mehr, und
wer Tuch, Getreide oder sonst etwas
nöthig hatte, forderte es vom Reichen
aus christlichem Rechte. Ward es ver-
weigert, so nahm man es mit Gewalt.
Die Mönche waren aus Mühlhausen
vertrieben und deren Güter von Thomas
Münzer in Besitz genommen worden.
So trieb der Prophet sein Wesen ein
Jahr lang, und inimer größere Haufen
Landvolks strömten zu ihm. Da rückte
Landgraf Philipp von Hessen mit 6000
Alaun gegen die Aufrührer. Bei Fran-
kenhausen hatten diese eine Wagenburg
geschlagen. Münzer verhieß den Seinen
gewissen Sieg und den Beistand des