1. Bd. 1
- S. 314
1860 -
Calw Stuttgart
: Vereinsbuchh.
- Autor: Redenbacher, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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X. Das römische Weltreich.
zwischen Volk und Adel vorhanden. Wohl hatten sich
die Patricier auch jetzt noch etwas vorbehalten, das Amt
der Prätoren (Richter), Censoren (Sittenrichter), und
die Priesterwürde. Allein daran lag doch weniger;
und etliche Zeit nachher — es war ja einmal das Höchste
und Beste mit ihnen getheilt — gewährten sie den Ple-
bejern auch zu diesen ebengenannten Aemtern und Wür-
den, in Summa zu alleu und jedeu, den Zutritt.
Da man ihnen zugleich mit der Bewilligung des Con-
sulats sebr bedeutende Staatsländereieu, welche
bisher alle den Patriciern zur Nutznießung gegen ei-
nen geringen, dem Staate zu entrichtenden Pacht über-
lassen waren, als Eigenthum zutheilte und damit die
Umstände der vielen Armen unter ihnen beträchtlich ver-
besserte, so waren sie gestillt. Es kehrte Ruh und
Friede und holde Eintracht in Rom ein. und das geeinte
Römervolk war jetzt wohl stark, seine Herrschast weit
auszubreiten, wozu es sich bestimmt hielt.
Daß Rom herrlich werde, dahin strebten sie hin-
fort Alle mit gleichem Eifer unverrückt. Für die Größe,
für das Wohl, für die Rettung ihres Roms konnten
sie alles thun, alles opfern. Nur zunächst hier ein Bei-
spiel solcher freudigen Aufopferung; wir werden in der
Folge noch mehrere vernehmen.
Um's Jahr 350 erschütterte ein Erdbeben jene Ge-
gend. Auf einem Platze in Rom entstand dabei ein solcher
Erdriß, daß er durch Berge hineingeworfenen Schuttes
nicht gefüllt werden konnte. Grausig gähnte der Schlund,
der sich erweitern und die ganze Stadt verschlingen konnte.
Man fragte die Priester, was hier zu thun sei? und sie
brachten die Antwort von den befragten Göttern: „Der
Spalt schließe sich nur daun, wenn man das hinein-
werfe, woran Nom am stärksten sei!" Das deutete
der Ritter Marcus Curtius auf „Waffen und
Tapferkeit," denn darin liege ja die Stärke Roms.
So betet er zu allen Göttern um ihre Gunst für die
theure Vaterstadt, setzt sich dann in voller Rüstung auf