1858 -
Weimar
: Böhlau
- Autor: Zeiß, Gustav
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Wenige Monate später, am 23. Januar 1806, sank auch Pitt in daß
Grab. Sein Tod war für Napoleon ein Gewinn, da die Leitung der
auswärtigen Geschäfte an Fox überging, dessen dem Frieden mit Frank-
reich zugewendete Politik die Unfälle steigerte, welche Pitts weitumfas-
sende Kriegsplane über die Landmächte gebracht hatten. Weil Preußen,
von Napoleon gezwungen, Hannover in Besitz genommen hatte, er-
klärte England an Preußen den Krieg. Zu derselben Zeit wurde
Preußen auch in einen Kampf mit dem Könige Gustav Adolf von
Schweden verwickelt. Dieser Fürst war, voll Verlangen nach Ruhm,
im Herbste 1805 mit einem aus Schweden und Russen bestehenden Heere
im nördlichen Deutschland aufgetreten, er hatte jedoch die Gelegenheit,
den Franzosen zu schaden vorübergehen lassen und-suchte nun, als Eng-
lands Verbündeter, durch Behauptung des zu Hannover gehörenden
Ländchens Lauenburg Händel mit Preußen.
Napoleon hatte am 21. September 1805 mit dem Hofe von Nea- Versorgung
pel einen Vertrag geschlossen, nach welchem alle Häfen des Königreichs Bonapart"
den Feinden Frankreichs gesperrt sein sollten. Als aber am 19. Novem-
der ein russisch-englisches Heer von 32,000 Mann in Neapel landete,
nahm es die Königin Karoline mit unverhohlenen Freudensbezeigungen
auf. Darüber entbrannte der Zorn Napoleons und er erklärte: die Dy-
nastie der Bourbons zu Neapel habe aufgehört zu regieren. Nach dem
Frieden zu Preßburg schifften die Engländer und Russen sich wieder ein;
der König Ferdinand und die Königin verließen gleichfalls Neapel und
flüchteten sich mit Kostbarkeiten und Freunden nach Sieilien, und am
14. Februar 1806 zogen die Franzosen in Neapel ein. Prinz Joseph,
Napoleons Bruder, wurde zum König von Neapel und Sieilien
erklärt. König Joseph ergab sich, sobald er seinen Thron einigermaßen
befestigt sah, den Vergnügungen und gewann nicht das Vertrauen und .
die Liebe seiner Unterthanen.
Die Herzogthümer Cleve und Berg erhielt Napoleons Schwager
Joachim Murat, ein tüchtiger Reitergeneral. Die batavische Re-
publik wurde 1806 in ein Königreichverwandelt und Napoleons zweitem
Bruder, Ludwig, übergeben. Alle diese Staaten wurden für Föderativ-
staaten erklärt und sollten zu dem französischen Kaiser in der strengsten
Abhängigkeit stehen. So erweiterte sich Frankreich zu einem neuen west-
lichen Kaiserreich, das mehr als die Hälfte der europäischen Bevölkerung
in sich begriff. Napoleon machte die Versorgung seiner Familie, die vl
nicht liebte, zu einem Hauptgegenstande seiner Thätigkeit. Er wurde
nicht müde, die Zahl dieser versorgungsbedürftigen Familienglieder durch
Erhebungen und Ankindungen zu vermehren. Seinen Stiefsohn, Eu-
gen Beauharnais, nahm er an Kindesstatt an und machte ihn zum
Vieekönig von Italien. Sein jüngster Bruder, Hieronymus Bona-
parte, der seiner Gemahlin, einer amerikanischen Miß, entsagte, wurde
zu Gnaden aufgenommen und zum französischen Prinzen erklärt. Nur
Lucian widersetzte sich der Trennung seiner Ehe und blieb im Privat-
stände. Mit mehreren alten Fürstenhäusern wurden Verbindungen ange.
knüpft, Prinz Eugen wurde mit einer baierischen Prinzessin, eine Nichte
Josephinenß mit dem Kurprinzen von Baden vermählt, Hieronymus mit
einer würtembergischen Prinzessin verlobt.