1. Bd. 2
- S. 133
1837 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Osm attisches Ne ich.
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als in irgend einer Hauptstadt Europas. — Einen interessanten An-
blick gewähren die weitläufigen Bazars undbesestans, wo man
die mannigfaltigsten Waaren zum Verkauf dargeboten findet. Jene
sind offene Marktplätze, diese geschlossene und bedeckte Markte, weit-
läufige in verschiedenen Richtungen hinlaufende, gewölbte Markthallen,
worin Kaufleute jeder Art besondere Reihen einnehmen; so findet man
ganze Bogengänge der Schwertfeger, der Goldarbeiter, Tuchhandler,
Leinweber, Lederfabrikanten rc. Diese Besestans, die sich am besten
mit den Pariser Hallen vergleichen lassen, bieten die köstlichste Augen-
weide an den reichen und ausgewählten Waarenlagern dar, die man
hier immer von einerlei Gattung zusammenfindet. Hier liegen alle
möglichen Erzeugnisse Europäischen und Asiatischen Kunstfleißes vor
dem Auge des Kauflustigen ausgebreitet. Der Egyptische Bazar oder
Misc-Bazar ist gleichfalls ein Besestan und besteht aus zwei 480
F. langen, unter einem rechten Winkel zusammen stoßenden Hallen
und ist ausschließlich für Spezereien, Arzneien, Wohlgerüche und Ge-
würze bestimmt, welche theils unmittelbar aus Egypten, theils über
dieses Land aus Arabien und Ostindien kommen. In diesen Kauf-
hallen sitzt der Verkäufer wie eine Bildsäule und raucht. Er lockt
keine Kunden an sich, sondern erwartet sie ruhig. Höchst selten laßt
er von dem Geforderten etwas ab; ist der Käufer aber ein Türke, so
ist der Gegenstand mit einem Worte abgemacht. Kommt man zu
ihm und fragt nach einer Sache, so sagt er entweder „hab es" oder
„hab es nicht." Bietet man ihnr dafür, und er kann sie geben, so
legt er sie dem Käufer stillschweigend hin; kann er nicht, so macht er
bloß einen Zifcher mit der Zunge durch die Zahne, und rackt etwas
den Kopf in die Höhe, wonach man versichert seyn kann, daß er es
nicht giebt. Will er ja eine Sache empfehlen, so legt er bloß den
Finger auf den Mund, welches ein Zeichen der Bewunderung ist, oder
er streckt die volle Faust aus, welches sagen will, daß sie gut gemacht
sey. — Unter der Benennung Chane (welches eigentlich ein Persi-
sches Wort ist und Haus bedeutet) versteht man besonders die Werk-
stätten und Fabriken, wo gemeinschaftlich von Handwerkern einer ge-
wissen Art gearbeitet wird — oder auch große, steinerne viereckige Ge-
bäude mit einem Hofe in der Mitte, von allen Seiten mit Gängen
umgeben, innerhalb welcher die den Chan bewohnenden Kaufleute ihre
Waarenlager haben. Der Fremde findet also hier nicht bloß Her-
berge, sondern kann auch wahrend seines ganzen Aufenthaltes seine
Waaren auslegen oder auf andere Weise Geschäfte machen. Diese
Chane stehen als fromme Stiftungen gewöhnlich mit Moscheen, Spi-
talern, Schulen in Verbindung, so daß von dem Zinserträge derselben
diese Anstalten zum Theil mit erhalten werden. Der größte aller
Chane ist der zur Osmans-Mofchee gehörige Neue Chan (Jeni-
ch a n), welcher so viel Zimmer, als Tage im Jahre haben soll. Einige
Gebäude dieser Art führen den Flamen Karawanserais, und sind
ausschließlich zur Beherbergung der Fremden bestimmt.