1890 -
Breslau
: Goerlich
- Hrsg.: Richter, Eugen, Hübner, Max
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
I
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6. Die Provinz wird in die Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg
und Erfurt eingeteilt. (Welchen Teil der Provinz umfaßt jeder Regierungsbezirk?)
Magdeburg, das mit den Vororten fast 215 000 E. zählt, ist eine der
stärksten Festungen des preußischen Staates. Will ein Feind von Süden oder
Westen her nach Berlin vorrücken, so muß er erst Magdeburg erobern. Magde-
burg ist eine bedeutende Handelsstadt. Die Elbe ist von hier aus bis Ham-
burg und bis weit nach Böhmen hinein schiffbar; durch Kanäle ist eine Ver-
bindung mit der Oder und Weichsel geschaffen, so daß ein großer Teil der über-
seeischen Erzeugnisse von Hamburg nach Magdeburg und von hier nach allen
Teilen Deutschlands geht. Viele Eisenbahnen kreuzen sich in Magdeburg. In
der Stadt und der Umgegend befinden sich zahlreiche Fabriken, sodaß ein sehr
reges gewerbthätiges Leben herrscht.
Magdeburg ist eine sehr alte Stadt, welche schon unter Karl dem Großen erwähnt
wird. Besonders blühte sie unter Kaiser Otto I. auf, dessen Gemahlin Editha hier am
liebsten weilte. Dieser erbaute auch ein Kloster, in dessen Kirche, jetzt Dom, er und
seine Gemahlin beerdigt find. Schon im Mittelalter war Magdeburg eine berühmte
Handelsstadt; nach Magdeburger Recht sind die meisten Städte der Ostprovinzen ein-
gerichtet. Auch als Festung war sie damals bedeutend. Im Dreißigjährigen Kriege
wurde die Stadt nach langer Belagerung erobert, aber in Brand gesteckt und fast ganz
zerstört. Am Nordfuße des Harzes liegen Wernigerode, Halberstadt und Quedlin-
burg, der Lieblingsaufenthalt des Königs Heinrich I.
Im Regierungsbezirk Merseburg ist die Universitätsstadt Halle (120000e.)
zu erwähnen. Seit vielen Jahrhunderten wird in Halle aus den Salzquellen
Salz gewonnen; die Salzsieder heißen Halloren und sind anderer Abstammung,
haben andere Sitten und Gebräuche als die Bewohner der Stadt. Vor fast
zweihundert Jahren gründete ein mildthätiger Pastor, August Hermann Francke,
hier eine Freischule für die armen Kinder und ein Waisenhaus. Durch fromme
Gaben und Stiftungen ist daraus eine bedeutende Anzahl von Schulanstalten
erwachsen, eine Buchdruckerei, eine große Buchhandlung, Apotheke u. s. w. ge-
hören dazu, so daß die Francke'schen Stiftungen ein ganzes Stadtviertel aus-
machen. Merseburg und Naumburg waren ehemals Bischofssitze.
Erfurt (80 000 E.) war früher eine der stärksten Festungen, die aber
187-1 als solche aufgegeben wurde. Die Umgebung der Stadt ist sehr fruchtbar,
daher findet sich hier viel Gemüsebau und große Kunstgärtnereien, deren Er-
zeugnisse weithin versandt Werden.
Zu allen Zeiten ist die Provinz Sachsen der Schauplatz wichtiger Schlachten ge-
wesen. (Warum wohl?) Auf den Ebenen von Merseburg besiegte Heinrick) I. die
Ungarn (in welchem Jahre?); bei Lützen fiel im Dreißigjährigen Kriege der Schweden-
könig Gustav Adolf. Das Dorf Roßbach erinnert an einen glorreichen Sieg Friedrichs
des Großen; ebenso Torgau. (Wann waren diese beiden Schlachten?) Bei dem Dorfe
Auerstädt wurde 1806 der Staat Friedrichs Ii. in Trümmer geschlagen; zwischen
Lützen und Großgörschen gelang es 1813 Napoleon, nach blutigem Kampfe die ver-
bündeten Preußen und Russen zurückzuwerfen. Bei Langensalza endlich entschied sich
1866 das Schicksal des Königreichs Hannover.
h. pie Provinz Karmover. (38 400 qkm mit 2,4 Mill. E.)
1. Die Provinz Hannover liegt im Stromgebiete der Ems, der Weser
und der unteren Elbe. Sie ist fast so groß wie Brandenburg und besteht aus
drei Hauptteilen. Von der Nordsee her zieht sich das Großherzogtum Olden-
burg tief ins Land hinein und scheidet die Provinz in einen größeren östlichen
und kleineren westlichen Hauptteil; durch das Herzogtum Braunschweig wird