1907 -
Detmold
: Meyer
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Zeiten noch wenig. Als aber die Römer das weitere Vorrücken nach
Westen hinderten, mußten die Germanen mehr und mehr ein Bauernvolk
werden. Anfangs wurde nur hier und da ein Stück Land urbar gemacht
und mit Hafer, Gerste, Lein, Rüben, vielleicht auch mit Roggen bestellt;
im nächsten Jahre ließ man dann das Feld wieder mit Gras bewachsen.
Später bestellte man das urbar gemachte Feld ein Jahr mit Winterfrucht,
ein Jahr mit Sommerfrucht, während man es im dritten Jahre als Brach-
feld liegen ließ.
3. Ansiedelungen. Wo sich die Germanen dauernd niederließen, da
wurden meist Dörfer angelegt. Jede Wohnung war von einem weiten
Hofraume umgeben. Die an das Dorf grenzenden Feldfluren wurden au
die einzelnen Hofbesitzer so verteilt, daß jeder Besitzer ein Stück in jeder
Feldslur erhielt. Der anliegende Wald und die Weide wurden von allen
gemeinsam benutzt (Gemeinheit). In einigen Gegenden, z. B. im nord-
westlichen Deutschland,- wohnten die Germanen auch in Einzelhösen.
4. Wohnung. Das Gehöft des Germanen war oft von einem Walle,
einer Hecke oder einem Zaune umgeben, der aus eingerammten Pfählen
bestand. Ein aus zwei senkrechten Balken und einem Querbalken bestehendes
Tor führte durch die Umzäunung zu den Gebäuden. Eine Höhlung in
der Erde mit einem darüber errichteten Dache bildete in den ältesten
Zeiten den Wohnraum. Später errichtete man auf der steinernen Grund-
mauer aus starken Bäumen einen Fachwerkbau mit weit überstehendem
Dache. Die Wände wurden mit Reisig verzüunt und dieses dann mit
Lehm beworfen. Das Licht kam anfangs nur durch die „Fußtür" in das
Haus, später auch durch besondere „Augentüren"; den Rauch ließ man durch
ein „Windauge" entweichen. Der Hauptraum des Hauses war eine große
Halle, in deren Mitte der Herd stand. Dieser galt als das Heiligtum des
Hauses, weil man das erste Feuer auf ihm durch einen Brand vom Opfer-
feuer entzündet hatte. — An den Seiten der Halle befanden sich Bänke
zum Sitzen und Liegen.
5. Stände. Fast aus jedem germanischen Gehöfte traf man Freie
und Unfreie an. Die freien germanischen Männer hatten das Recht,
an den Volks- und Gerichtsversammlungen teilzunehmen und den heimischen
Herd gegen die Feinde zu verteidigen. Die Angesehensten unter ihnen,
die vielfach für Nachkommen der Götter gehalten wurden, hießen Edelinge
(Adlige). Sie waren meist Führer des Volks. Die hervorragendsten
Edelinge nannte man Fürsten. Die Unfreien waren meist Kriegsgefangene
oder deren Nachkommen. Sie waren rechtlos und standen ebenso in der
Gewalt des Hausherrn ivie seine Haustiere. Unter der Aufsicht der Haus-
frau und der Greise besorgten die Unfreien die Arbeiten des Hauses und
des Feldes, die der freie Mann für sich als entehrend ansah.
6. Staatswesen. Einen einheitlichen Staat bildeten die alten Deutschen
lwch nicht. Im Krieg und Frieden standen diejenigen treu zusammen,
die durch Abstammung und Verwandtschaft zusammengehörten. Dabei
unterschied man Sippen, Geschlechter und Stämme. Zur Zeit des Krieges
wählte der Stamm einen Edeling als Anführer, der nun Herzog hieß.
Einige Stänune hatten auch einen König, der die Führung im Kriege
hatte und den Vorsitz im Gericht führte.
7. Die Rechtspflege war noch recht unvollkommen. War ein Ver-
gehen oder ein Verbrechen geschehen, so vollzog der Geschädigte oder seine