1904 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 61
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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röhre her, die durch das Wasser nach oben steigt. (Warum? S. 26, § 59.) Ist
diese Luft entwichen, so entsteht eine kleine Panse in dem Aufsteigen der Lust-
bläschen. Plötzlich aber beginnt ein neues Lustströmen im Wasser, und die
Bläschen steigen noch zahlreicher ans als vorher. Diesmal rühren sie von dem
Sauerstoffe her, der aus dem schmelzenden chlorsauern Kali (Kalium, Chlor und
Sauerstoff) entweicht. Um den Sauerstoff aufzufangen, nimmt man eine mit Wasser
gefüllte Arzneiflasche und stülpt sie über die im Wasser befindliche Öffnung der Glas-
röhre. (Beim Umdrehen der Flasche verschließe man die Öffnung mit dem Finger, bis
man sie unter das Wasser des Gefäßes gebracht hat. Dann lasse man los, da als-
dann kein Wasser mehr herausfließt. Warum?) Der aus der Glasröhre kommende
Sauerstoff steigt nun in die Arzneiflasche und drückt nach und nach das Wasser
aus ihr heraus. Ist dies geschehen, so verkorkt man die Flasche, damit keine
andere Luft hineinkomme, unterhalb des Wassers. Womit ist sie gefüllt?
7. Eigentümlichkeiten des Sauerstoffs, a. Taucht man einen glimmenden
Span in den Sauerstoff der Flasche, so brennt er mit Heller Flamme. Bald darauf
aber erlischt die Flamme, da sie den Sauerstoff aufgezehrt hat. Wir sehen also,
daß der Sauerstoff die Verbrennung befördert. Nach unten hin in die Flasche
schlägt die Flamme nicht, ein Beweis, daß der Sauerstoff allein nicht brennt. Das
Verbrennen besteht eben darin, daß ein anderer Körper, hier das Holz, mit den:
Sauerstoffe eine Verbindung eingeht. Entsteht hierbei Licht und Wärme, so spricht
man von einer schnellen Verbrennung; entsteht nur Wärme, so wird dieser Vorgang
eine langsame Verbrennung genannt. (Eine Flamme entsteht nur dann, wenn die
Verbrennung so schnell vor sich geht, daß der verbrennende Körper Gas erzeugt.)
Ohne Sauerstoff ist keine Verbrennung möglich. Stellt man ein brennendes Licht
auf einen mit Sand bestreuten Tisch und einen Lampenzylinder darüber, so er-
lischt das Licht sehr bald. Es fehlt der Flamme an Sauerstoff. Von unten
wird ihm der Zutritt durch den Sand, von oben durch die über der Flamme sich
bildenden Gase verschlossen, die zum Verbrennen untauglich sind. Sobald n:an
aber den Zylinder auf kleine Holzstückchen stellt, so daß die Luft von unten aus
in den Zylinder gelangen und die beim Brennen entstandenen Gase lebhaft ab-
strömen können, beginnt die Flamme lustig zu brennen.
b. Wenn daher eine Lampe gut brennen soll, so muß die Luft unterhalb
des Zylinders zur Flamme gelangen können; deshalb die vielen kleinen Öffnungen
an dem Brenner. Warum brennt eine Lampe nicht, wenn man den Zylinder
oben bedeckt hat? Ebenso brennt das Feuer im Ofen schlecht, wenn keine
Luft durch die Ofentür oder durch sonstige Öffnungen zu ihm gelangen kann.
Warum bläst man ins Feuer? Warum zieht der Schmied den Blasebalg?
e. Der Sauerstoff hat große Neigung, sich mit anderen Körpern zu verbinden.
Laß blankes Eisen längere Zeit in feuchter Luft liegen! Es überzieht sich bald
mit Rost. Der in unserer gewöhnlichen Lust enthaltene Sauerstoff hat sich nämlich
unter Zusatz von etwas Wasser mit dem Eisen verbunden und so den Rost gebildet.
Auch mit Kupfer geht der Sauerstoff in feuchter Luft leicht eine Verbindung ein, wo-
bei sich das Kupfer mit einen: grünlichen Überzüge — gewöhnlich Grünspan genannt
— überzieht. Dieser Grünspan entsteht in ähnlicher Weise wie der Eisenrost, nur daß
sich hier der Sauerstoff der Luft (unter Hinzutritt von etwas Wasserstoff und Kohlen-
säure) nicht mit Eisen, sondern mit Kupfer verbindet. (S. 87.) Die Verbindungen
der Körper mit Sauerstoff nennt man Oxyde. Weil sie oft „saure" Eigenschaften
haben, nennt man den Sauerstoff auch Oxygen, d. i. Süurebildner. Den Vorgang
der Vereinigung mit Sauerstoff nennt man Oxydation oder Verbrennung.