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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 422

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
422 Silber und andere Kostbarkeiten in Fülle hatten, fehlte es ihnen bald am Nötigen, an Brot, und Napoleon sah sich ge- zwungen, jetzt selbst den Besiegten den Frieden anzutragen. Der Kaiser Alexander hielt den Feind listig hin, verwarf dann endlich alle Anträge mit den Worten: „Erst jetzt werde der Krieg für die Russen eigentlich anfangen!" Durch die äußerste Not gedrängt, trat Napoleon am 18. Oktober den Rückzug an, und zwar auf demselben Wege, den er gekommen war. Aber welch ein Rückzug ! Kein Beispiel gleicher Gräß- lichkeit hat die Geschichte aufzuweisen. Der Himmel schien selbst mit den Russen in einen Bund getreten zu sein; denn ein ungewöhnlich früher und strenger Winter trat ein und überraschte die Feinde auf ihrem kläglichen Rückzüge. Menschen und Pferde sanken vor Kälte und Hunger erschöpft dahin, und wie mit einem Leichentuche bedeckte der Schnee die ge- fallenen Opfer. Der Weg durch die unwirtbare Wüste war bald mit toten Menschen und Pferden, mit Trümmern von Geschütz und Gepäck bedeckt. Jeder Tag lieferte Tausende von Gefangenen in die Hände der nachsetzenden Russen, Tau- sende von Nachzüglern fielen unter den Lanzen der Kosacken, unter den Keulen der ergrimmten Bauern. Am gräßlichsten war das Unglück an der Beresina, über welche Napoleon eine Brücke hatte schlagen lassen. Kaum war die Hälfte hinüber gerückt, als plötzlich das fürchterliche Hurrahgeschrei der Ko- sacken und das Donnern der russischen Kanonen gehört wurde. Und aus einmal stürzte sich der ganze Haufen der Franzosen, Menschen, Pferde, Wagen und Kanonen in rat- und thatloser Flucht durch- und übereinander aus die Brücke. Jeder wollte der erste sein; hier galt kein Befehl, kein Rang mehr; jeder kämpfte um sein Leben. Viele wurden in dem Gedränge er- drückt, viele von den Rädern der Kanonen und Wagen zer- quetscht, viele von der Brücke hinunter in den Strom ge- stürzt. In diese wilde Menschenflut hinein donnerten die Ka- nonen der Russen und richteten eine entsetzliche Verwüstung an. Zuletzt brach die Brticke ein; Tausende fanden ihren Tod in den Wellen, und alle, welche noch am jenseitigen User waren, wurden gefangen. Über 30 000 Mann verloren die Franzosen bei diesem Übergange am 27. November. Napoleon selbst, die Hoffnungslosigkeit seiner Lage einsehend, verließ am 3. Dezember das Heer. In einem elenden Schlitten, den Trümmern seines Heeres voraus, durchjagte er die öden Schnee- und Eisfelder Rußlands nach Wilna und von da über Warschau, Dresden und Mainz nach Paris, um schnell die Bildung eines neuen Heeres zu veranstalten. Den Ober- befehl über die zurückgebliebenen Trümmer überließ er dem
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