1888 -
Berlin
: Reimer
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp, Pischon, Friedrich August
- Auflagennummer (WdK): 226
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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11. Erzählungen
Lohn. Das eine Pferd brachte ihm so viel ein, daß er bald
ein zweites, und endlich noch ein drittes anschaffen, eine
Schuld nach der andern bezahlen, und sich nach Verlaus
einiger Jahre ganz von Schulden frei machen konnte. Noch
lebt der brave Valentin in einem hohen Alter, und im
Wohlstände, und nie spricht er von seinem ehemaligen trau-
rigen Schicksal, ohne hinzuzufügen: „die mit Thränen
säen, werden mit Freuden erndten."
34. Verführung.
Stephan, der Sohn eines Tagelöhners, war so gesund
und stark, daß er schon in seinem vierzehnten Jahre völlig
ausgewachsen war. Seine beiden Brüder waren Maiuer
und Stephait wünschte auch ein Maurer zu werden. Er
wurde daher mit ihnen auf Arbeit geschickt. Hier war er
nun fast unter lauter ruchlosen und verwilderten Menschen,
welche beständig fluchten, sich zankten, und, wenn sie einig
waren, unzüchtige Lieder sangen. Dabei tranken sie bestän-
dig Braw.uetvein. Sehr bald forderten sie den jungen Sre-
phan auf, mit ihnen zu trinken. Dieser weigerte sich an-
fangs, weil er schon ein Mal einen Schluck Branntewein ge-
mmkell hatte, und davoi: ganz betäubt wordelt war. Aber
mm spotteten die Gesellen seiner, und einer sagte zu ihm:
Junge, wenn du ein tüchtiger Maurer werden willst, so musst
du Branntewein trinken lernen. (Was meint ihr, hatten sie
Recht?) Durch das viele Zureden wurde Stephan endlich
dahin gebracht, daß er den Branntewein versuchte; er
schmeckte ihm nicht übel, und es bauerte nicht lange, so trank
er so gut seinen Schnaps, wie die Gesellen. (War das gut? )
Da Stephan sahe, daß die Gesellen beständig die Tabackö-
pfeife im Munde hatten, so glaubte er, das Tabacksrauchen
gehöre ebenfalls zu den Eigenschaften eines guten Maurers.
Er schaffte sich also bald eine Pfeife an. Aber er rnusste viel
ausstehen, ehe er es dahin brachte, mit Fertigkeit zu rauchen.
Oft wurde ihm so übel und weh, daß er den Taback gar nicht
mehr anzurühren beschloß; allein die Nekkereien seiner Ka-
meraden brachten ihn immer wieder dahin, daß er es aufs
Neue versuchte, und endlich waren die Schwierigkeiten über-
wuilden. (War er deswegen glücklich zu preisen?) dkm: hielt
sich Stephan im Ernste für einen ganzen Mann, weil er Alles
mitmachen konnte, was die Andern machten. — Aber nach
einiger Zeit schien er nicht mehr reckt gesund zu sein. — Die