1888 -
Berlin
: Reimer
- Autor: Wilmsen, Friedrich Philipp, Pischon, Friedrich August
- Auflagennummer (WdK): 226
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
212 Xiii. Von d. Rechten u. Pflichten d. Unterthanen
oder verboten ist, weil die obrigkeitlichen Geseke und Ver-
ordnungen öffentlich bekannt gemacht werden. Dies geschieht
theils in einer Schrift, welche in jeder Woche gedruckt her-
aus fommt, und für wenig Geld zu haben ist (sie heißt
die Zeitung), theils dadurch, daß jedes neue Gesetz auf
Blättern abgedruckt wird, und diese Blätter an den Elken
der Straßen angeheftet werden, so daß sie Jeder lesen kann.
Also kann kein Unterthan sich mit seiner Unwissenheit ent-
schuldigen, wenn er die Gesetze übertreten hat.
Damit auch ihr recht früh mit dem, was ihr künftig
als Unterthanen zu thun schuldig seid, bekannt werden, und
nicht aus Unwissenheit dagegen sündigen möget, so leset das
Folgende mit großer Aufmerksamkeit, und präget es eurem
Gedächtnisse tief ein:
I. Von den Rechten des Menschen.
1. Ätles, was einem Menschen erlaubt und freigestellt blei-
den muß, und ihm weder geboten, noch verboten werden
darf, wird sein Recht genannt. So hat z. B. jeder
Mensch das Recht, Alles, was er sich erworben hat: fern
Geld, Haus, seine Kleider und Sachen, nach seinem Be-
lieben zu gebrauchen, wenn er nur damit Andern keinen
Schaden zufügt.
2. Wenn also Jemand mein Recht gewaltsam anzu-
greifen und zu verletzen suchte, mir z. B. mein Geld weg-
nehmen und es zu seinem Nutzen gebrauchett wollte, so
dürfte ich ihn durch Zwang und Gewalt davon abhalten,
oder mich gegen ihn vertheidigen, und ihm das Genommen*
wieder abnehmen.
3. Jeder Mensch darf seine Anlagen, Fähigkeiten und
Kräfte frei und ungehindert ausbilden; dies ist das erste
unter den allgemeinen Menschenrechten. Es darf
also Keiner durch grausame und unbarmherzige Behandlung
die Geisteskräfte eines Andern zerrütten oder verderben,
es darf Keiner den Andern hindern, diese Kräfte zu
üben tmd durch Uebung zu erhöhen und zu vervollkommnen.
Wenn also z. V. ein Herr seinen Diener, oder ein Lehr-
meister seinen Lehrling mit Fleiß in der Unwissenheit
erhielte, ihm alle Gelegenheit und Mittel nähme, um Et-
was zu lernen, oder ihn gar in Irrthümer führte, um dann
mit ihm machen zu können, was er wollte, der hätte