1885 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 21
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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seine Worte hörte, sprang er ans von seinem Lager und rief:
„Ei, Vater, warum berichtest du die Männer so falsch? Ist
es doch wohl das Bild unsers Herrn Jesu, das du da angemalet
hast, und vor dem wir beten. Und er wird uns beistehen gegen
seine Verächter 1 Hebe die Stange auf, mit der du das Feuer
schürest, und wehre dich gegen sie! Ich helfe dir, und so sind
wir ja auch unser zwei!“ Damit riß der Knabe einen Feuer-
brand vom Herde und stellte sich keck an des Vaters Seite;
und seine Kinderaugen sprühten von Mut, wie seine Waise von
Funken. Und die Fürsten sahen sich verwundert an über des
Knaben Thun, und Rührung ergriff sie, und sie merkten, daß
Gott in dem Schwachen mächtig sei. Und Wittekind sprach zu
Albion: „Wie muß doch der ein mächtiger Gott sein, der in
dem Herzen eines Kindes solchen Mut wirken kann! Wir
müssen der Sache nachdenken.“ — Und damit legten die Für-
sten ihre Waffen ab, setzten sich mit dem Köhler und seinem
Knaben zum Mahle und hörten ihnen zu, wie sie von Christo
und seinem Worte sprachen, nachdem fromme Geistliche sie
gelehret hatten. Und als sie in der Hütte entschlafen waren,
muß ihnen Gutes geträumt haben, denn sie dankten am andern
Morgen ihrem Wirte nicht allein für die Herberge und für die
leibliche Kost, sondern auch für das Himmelsbrot, welches er ihnen
mitgeteilt in dem Worte von Christo, dem Weltheilande. Und
so schieden sie.
Nicht lange darnach aber traten sie vor den Kaiser Karl
und erbaten sich es von ihm, daß sie getauft würden. Und
Kaiser Karl ist selber ihr Pate gewesen bei der heiligen Taufe.
»iö. Vom Kaiser Heinrich.
Zur Zeit, als Heinrich I. gewählt wurde, — es war im
Jahre 919, — war Deutschland ein sehr unglückliches Land.
Von Südosten her jagten häufig auf ihren schnellen Pferden die
Ungarn heran, trieben den Bauern das Vieh weg und sengten
und plünderten, wohin sie kamen. Sammelte sich langsam ein
Haufe deutscher Krieger wider sie und fing an, sich in Marsch
zu setzen, so waren sie samt ihrer Beute bereits wieder fort.
Von Nordosten her kamen zu Zeiten die Wenden und mach-
ten es eben so. Das war eine traurige Zeit. Was that der
weise, bedächtige Heinrich? Zuerst schloß er einen neunjährigen
Waffenstillstand mit den gefährlichen Ungarn. Nun begann
im ganzen deutschen Reiche eine bessere Zeit. Überall fing
man an, Häuser zu bauen und hier und da eine größere An-