1881 -
Danzig
: Boenig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Geist auszubilden. Da er als Knabe nicht schreiben gelernt hatte,
so setzte er sich als Mann noch hin, um die Buchstaben nachmachen
zu lernen; ja er hatte in seinem Bette unter dem Kopfkissen
Tafeln und Blätter liegen, aus welchen er sich nachts, wenn er
aufwachte, im Schreiben übte. Doch seine des Schwertes ge-
wohnte Hand brachte es darin nie zu großer Fertigkeit. Eine
bestimmte Residenz hatte Karl nicht. Er war bald hier, bald
dort im Reiche; am liebsten jedoch wohnte er zu Aachen und zu
Ingelheim am Rhein. Dort hatte er sich prachtvolle Schlösser
(Pfalzen) erbaut. Während seiner letzten Jahre lebte er beständig
in Achen. — In dem prachtvollen Dome zu Aachen, den er
erbaut hatte, wurde er bestattet. Man setzte den Leichnam aus
einen goldenen Stuhl, hing ihm ein goldenes Kreuz um, schmückte
sein Haupt mit der Krone, gab ihm einen Kelch in die Hand
und legte ein goldenes Evangelienbuch auf seine Kniee. 72 Jahre
war der Kaiser alt, als er starb; 46 Jahre hatte er regiert.
Nach Andrä.
238. Heinrich I.
Im Anfange des 10. Jahrhunderts waren die deutschen
Völkerstämme zu einem grossen Reiche vereinigt, das be-
stand aus mehreren Herzogtümern, und an der Spitze stand
ein König, den hatten die deutschen Herzöge und Grafen
aus ihrer Mitte zu ihrem Oberhaupte gewählt. Er heisst
Heinrich der Vogelsteller. Warum der Vogelsteller? Weil
die Fürsten und Ritter, die ihm seine Wahl verkündigen
sollten, in ihren Harnischen und mit ihren Fähnlein hinaus
in den Wald sprengen mussten, wo er auf dem Finken-
fange sich befand. Es war recht notwendig, dass ein
mächtiger und verständiger König in Deutschland aufkam,
wie Heinrich war. Denn von Südosten her jagten häufig
auf ihren schnellen Pferden die wilden Ungarn herein,
trieben den Bauern ihr Vieh weg und sengten und plün-
derten, wohin sie kamen. Und von Nordosten kamen zu-
zeiten die Wenden und machten’s ebenso. Das wurde
ihnen auch sehr leicht, denn die Deutschen wohnten meist
noch einzeln in Wald und Flur oder in offenen Dörfern,
Städte gab es nur sehr wenige. Fürsten und Herren von
Adel, aus altberühmten Geschlechtern, waren gegen solche
räuberische Ueberfälle einigermassen gesichert; denn sie
wohnten in festen Burgen.
Was that nun Heinrich, um sein Volk vor den fremden
Räuberhorden zu sichern? Er schloss zuerst einen neun-
jährigen Waffenstillstand mit den gefährlichen Ungarn und