1888 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
161. Predigt der Garben.
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2. Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide.
Narzissen und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an,
denn Salomvnis Seide.
3. Die Lerche schwingt sich in die Luft,
das Täublein fleugt aus seiner Kürst
und macht sich in die Wälder;
die hochbegabte Nachtigall
ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Thal und Felder.
4. Die Glucke führt ihr Bölklein aus,
der Storch baut und bewohnt sein Haus,
das Schwälbleiu speist ihr' Jungen,
der schnelle Hirsch, das leichte Reh
ist froh und kommt aus seiner Höh'
ins tiefe Gras gesprungen.
5. Die Bächlein rauschen in dem Saud
rrnd uralen sich und ihren Rand
mit schattenreichen Myrten,
die Wiesen liegen hart dabei
und klingen ganz vorr Lustgeschrei
der Schaf' und ihrer Hirten.
6. Die unverdroßne Bienenschar
zeucht hin und her, sucht hier und dar
ihr' edle Houigspeise,
160.
1. Bei einem Wirte wundermild,
da war ich. jünst zu Gaste;
ein goldner Apfel war sein Schild
an einem langen Aste.
2. Es war der gute Apfelbaum,
hei dem ich eingebohret;
mit süsser Kost und frischem Schaum
hat er mich wohl genähret.
des süßen Weinstocks starker Saft
kriegt täglich neue Stärk' und Kraft
in seinemchchwachen Reise.
7. Der Weizen wächset mit Gewalt;
darüber jauchzet jung und alt
und rühmt die große Güte
des, der so überflüssig labt
und mit so manchem Gut begabt
das menschliche Gemüte.
8. Ich selber kaun und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Thun
erweckt mir alle Sinnen:
ich singe mit, wenn alles singst
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.
9. Ach, denk' ich, bist du hie so schön,
und läßt du's uns so lieblich gehn
auf dieser armen Erden:
was will doch wohl nach dieser Welt
dort in dem reichen Himmelszelt
und güldnen Schlosse werden?
Io. O wär' ich da! O stünd' ich schon,
ach, süßer Gott! vor deinem Thron
und trüge meine Palmen!
So wollt' ich nach der Engel Weis'
erhöhen deines Namens Preis
mit tausend schönen Psalmen.
Paul Gerhardt.
Ihm kehr.
3. Es harnen in sein grünes Haus
viel leichtbeschwingte Gäste;
sie sprangen frei und hielten Schmaus
und sangen auf das beste.
4. Ich fand ein Bett zu süsser Ruh’
auf weichen, grünen Matten;
der Wirt, der deckte selbst mich zu
mit seinem kühlen Schatten.
5. Nun fragt’ ich nach der Schuldigkeit:
da schüttelt’ er den Wipfel.
Gesegnet sei er allezeit
von der Wurzel bis zum Gipfel!
Tjhand.
161. Predigt der Barben.
r\er heisse Erntetag war vorüber; eine laue Sommernacht breitete
sich über die schönen Gefilde. Da richtete sich eine Garbe auf
und rief über den Acker hin: „Lasset uns dem Herrn ein Erntedank-
fest halten unter dem stillen Nachthimmel!“ — Und alle Garben rich-
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