1880 -
Sondershausen
: Eupel
- Hrsg.: Helmrich, Karl, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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blickte, brach er in die Worte aus: „Nun, eine köstlichere, edlere, theurere
und bessere Mauer habe ich zeitlebens noch nicht gesehen; das will ich
Gott und euch bekennen, lieber Schwager. Habt immer Dank, daß ihn
mir eine solche gezeigt habt."
Brüder Grimm.
83. Das Frühstück zu Rudolstadt.
Eine deutsche Dame aus einem Hause, das schon ehedem durch Helden-
mut geglänzt und dem deutschen Reiche einen Kaiser gegeben hat, war es,
die den fürchterlichen Herzog von Alba durch ihr entschlossenes Betragen
beinahe zum Zittern gebracht hätte. Als Kaiser Karl V. im Jahre 1547
nach der Schlacht bei Mühlberg aus seinem Zuge nach Franken und
Schwaben auch durch Thüringen kam, wirkte die verwitwete Gräfin
Katharina von Schwarzburg, eine geborene Fürstin von Henneberg,
einen Schntzbrief bei ihm aus, daß ihre Unterthanen von der durchziehenden
spanischen Armee nichts zu leiden haben sollten. Dagegen verband sie sich,
Brot, Bier und andere Lebensmittel gegen billige Bezahlung aus Rudol-
stadt an die Saalbrücke schaffen zu lassen, um die spanischen Truppen, die
dort übersetzen würden, zu versorgen. Doch gebrauchte sie dabei die Vor-
sicht, die Brücke, welche dicht bei der Stadt war, in der Geschwindigkeit
abbrechen und in einer größeren Entfernung über das Wasser schlagen zu
lassen, damit die allzugroße Nähe der Stadt ihre raublustigen Gäste nicht
in Versuchung führe. Zugleich wurde den Einwohnern aller Ortschaften,
durch welche der Zug ging, vergönnt, ihre besten Habseligkeiten auf das
Rudolstädter Schloß zu flüchten.
Mittlerweile näherte sich der spanische General, vom Herzog Hein-
rich von Brannschweig und dessen Söhnen begleitet, der Stadt und bat
sich durch einen Boten, den er vorausschickte, bei der Gräfin von Schwarz-
burg aus ein Morgenbrot zu Gaste. Eine so bescheidene Bitte, an der
Spitze eines Kriegshceres gethan, konnte nicht wohl abgeschlagen werden.
Man würde geben, was das Haus vermöchte, war die Antwort; seine Ex-
cellenz möchten kommen und fürlieb nehmen. Zugleich unterließ man nicht,
des Schutzbriefes noch einmal zu gedenken und dein spanischen General die
gewissenhafte Beobachtung desselben ans Herz zu legen.
Ein freundlicher Empfang und eine gut besetzte Tafel erwarteten den
Herzog auf dem Schlosse. Er muß gestehen, daß die thüringischen Damen
emc gute Küche führen und auf die Ehre des Gastrechts halten. ^Noch
hat man sich kaum niedergesetzt, als ein Eilbote die Gräfin aus dem ^aale
ruft. Es wird ihr gemeldet, daß in einigen Dörfern unterwegs die spani-
schen Soldaten Gewalt gebraucht und den Bauern das Vieh,, weggetrieben
hätten. Katharina war eine Mutter ihres Volkes; was dem Ärmsten ihrer
Unterthanen widerfuhr, war ihr selbst zugestoßen. Aufs äußerste über diese
Wortbrüchigkeit entrüstet, doch von ihrer Geistesgegenwart nicht verlassen,
befiehlt sie ihrer ganzen Dienerschaft, sich in aller Geschwindigkeit und
Stille zu bewaffnen und die Schloßpforten wohl zu verriegeln; sie selbst
begibt sich wieder nach dem Saale, wo die Fürsten noch bei Tische sitzen.
Hier klagt sie ihnen in den beweglichsten Ausdrücken, was ihr eben hintcr-
bracht, und wie schlecht man das gegebene Kaiserwort gehalten. Man er-
widert ihr mit Lachen, daß dies nun einmal Kriegsgebrauch sei, und daß